Cameron in Not
<br />Das waren markige Worte des britischen Premierministers beim World Economic Forum in Davos. „Wahnsinn“ herrsche bei denjenigen, die eine Finanztransaktionssteuer forderten, in dieser Lage! Und mit Trippelschritten sei da nichts mehr zu machen, nun müssten radikale Lösungen und große Maßnahmen her. Und so weiter.<br /><br />Man fragt sich, ob es pure Frechheit war, die ja manchmal siegt, oder aber schlichte Verzweiflung des Mannes aus der Downing Street, der sich ja selbst in den Augen zahlreicher seiner Landsleute in eine tragische Figur verwandelt hat, ausweglos gefangen in dem Bemühen, es komplett unvereinbaren Haltungen recht zu machen. Er ist in der Tat nicht zu beneiden. In Davos bildet sich mehr und mehr der Eindruck heraus, dass es, was Europas Zukunft betrifft, ohne die Briten gehen muss und wird – und womöglich viel besser, als man bisher geglaubt hat. Denn was immer bisher die Lösungsvorschläge: London war dagegen. Der Egoismus der Inselbewohner oder vielmehr ihrer Repräsentanten ist sogar für EU-Verhältnisse auffällig. Trotz des unvergessenen und unübertroffenen „I want my money back“ der sogenannten eisernen Lady Thatcher (eine tolle Haltung, nur dann an etwas teilzunehmen, wenn man unter dem Strich nichts einbringen muss). Doch Cameron hat kaum eine Wahl: Sein Land lebt mehr schlecht als recht von der in einem einzigen Viertel Londons zusammengezogenen Finanzindustrie. Die Fonds und Banken bestellen, bezahlen, und bestimmen. Eine Finanzsteuer ist für sie Teufelswerk, das es zu verhindern gilt. Da Großbritannien kein Weltreich mehr hat und genauer betrachtet nicht einmal eine nennenswerte konkurrenzfähige Industrie in der Heimat, lebt man in einer Finanz-Monokultur. Und das nicht erst seit gestern. In den 80er-Jahren feierte man die Deregulierung des Finanzplatzes als „Big Bang“, entmachtete die Gewerkschaften auch mit der Folge, dass man Unternehmen lieber pleitegehen ließ, als sie zu Kompromissen zu bringen. Der Niedergang der Autoindustrie wurde gleichgültig hingenommen. Die Werften sind nicht mehr. Hightech kommt von überall, nur nicht aus UK. Es herrscht Rezession und Inflation, das geliebte Pfund ist nichts mehr, mit dem man wuchern kann. Das alles ist den Teilnehmern des Davoser Wirtschaftsgipfels natürlich allzu klar, weshalb zwar Camerons Ausfälle in den Medien naturgemäß Beachtung, bei den Insidern aus Politik und Wirtschaft hingegen nur noch teilnahmsvolle Mienen hervorrufen. Er hat es ja nicht leicht, der Arme. Der Mitleidsfaktor ist da zwar verständlich, aber auch gefährlich. Denn auf EU-Gipfeln reden die Briten logischerweise kräftig mit und sie können, auch wenn sie sich heraushalten und selbst nichts beitragen, doch die Ideen der anderen madig machen und gar torpedieren. Natürlich, die bisherigen Bemühungen waren zum Beispiel in Sachen Griechenland nicht der große Wurf. Die wohl abgewogenen Vorstellungen der Bundeskanzlerin aber, vorgestellt und zusammengeführt in ihrer Rede vor dem World Economic Forum, sind weit zielführender als das Einander-Beharken, das der Bürger satthat. Vielleicht ringt man sich ja auf dem nun bevorstehenden EU-Gipfel zu etwas mehr Konstruktivität durch.
Das waren markige Worte des britischen Premierministers beim World Economic Forum in Davos. „Wahnsinn“ herrsche bei denjenigen, die eine Finanztransaktionssteuer forderten, in dieser Lage! Und mit Trippelschritten sei da nichts mehr zu machen, nun müssten radikale Lösungen und große Maßnahmen her. Und so weiter.
Man fragt sich, ob es pure Frechheit war, die ja manchmal siegt, oder aber schlichte Verzweiflung des Mannes aus der Downing Street, der sich ja selbst in den Augen zahlreicher seiner Landsleute in eine tragische Figur verwandelt hat, ausweglos gefangen in dem Bemühen, es komplett unvereinbaren Haltungen recht zu machen. Er ist in der Tat nicht zu beneiden. In Davos bildet sich mehr und mehr der Eindruck heraus, dass es, was Europas Zukunft betrifft, ohne die Briten gehen muss und wird – und womöglich viel besser, als man bisher geglaubt hat. Denn was immer bisher die Lösungsvorschläge: London war dagegen. Der Egoismus der Inselbewohner oder vielmehr ihrer Repräsentanten ist sogar für EU-Verhältnisse auffällig. Trotz des unvergessenen und unübertroffenen „I want my money back“ der sogenannten eisernen Lady Thatcher (eine tolle Haltung, nur dann an etwas teilzunehmen, wenn man unter dem Strich nichts einbringen muss). Doch Cameron hat kaum eine Wahl: Sein Land lebt mehr schlecht als recht von der in einem einzigen Viertel Londons zusammengezogenen Finanzindustrie. Die Fonds und Banken bestellen, bezahlen, und bestimmen. Eine Finanzsteuer ist für sie Teufelswerk, das es zu verhindern gilt. Da Großbritannien kein Weltreich mehr hat und genauer betrachtet nicht einmal eine nennenswerte konkurrenzfähige Industrie in der Heimat, lebt man in einer Finanz-Monokultur. Und das nicht erst seit gestern. In den 80er-Jahren feierte man die Deregulierung des Finanzplatzes als „Big Bang“, entmachtete die Gewerkschaften auch mit der Folge, dass man Unternehmen lieber pleitegehen ließ, als sie zu Kompromissen zu bringen. Der Niedergang der Autoindustrie wurde gleichgültig hingenommen. Die Werften sind nicht mehr. Hightech kommt von überall, nur nicht aus UK. Es herrscht Rezession und Inflation, das geliebte Pfund ist nichts mehr, mit dem man wuchern kann. Das alles ist den Teilnehmern des Davoser Wirtschaftsgipfels natürlich allzu klar, weshalb zwar Camerons Ausfälle in den Medien naturgemäß Beachtung, bei den Insidern aus Politik und Wirtschaft hingegen nur noch teilnahmsvolle Mienen hervorrufen. Er hat es ja nicht leicht, der Arme. Der Mitleidsfaktor ist da zwar verständlich, aber auch gefährlich. Denn auf EU-Gipfeln reden die Briten logischerweise kräftig mit und sie können, auch wenn sie sich heraushalten und selbst nichts beitragen, doch die Ideen der anderen madig machen und gar torpedieren. Natürlich, die bisherigen Bemühungen waren zum Beispiel in Sachen Griechenland nicht der große Wurf. Die wohl abgewogenen Vorstellungen der Bundeskanzlerin aber, vorgestellt und zusammengeführt in ihrer Rede vor dem World Economic Forum, sind weit zielführender als das Einander-Beharken, das der Bürger satthat. Vielleicht ringt man sich ja auf dem nun bevorstehenden EU-Gipfel zu etwas mehr Konstruktivität durch.