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Double Trouble

Nur noch 1,3% Wachstum gab es für die amerikanische Wirtschaft im abgelaufenen Quartal – so schwach war die Ökonomie dort noch fast nie, es ist einfach eine Katastrophe: Die Verbraucher, die mit 60% des Bruttoinlandspodukts normalerweise die Hauptrolle beim Wachstum spielen, wenden sich ab vom Konsum. Sparen ist die neue Botschaft, für Amerika bislang völlig ungehört.

BÖRSE am Sonntag

Nur noch 1,3% Wachstum gab es für die amerikanische Wirtschaft im abgelaufenen Quartal – so schwach war die Ökonomie dort noch fast nie, es ist einfach eine Katastrophe: Die Verbraucher, die mit 60% des Bruttoinlandspodukts normalerweise die Hauptrolle beim Wachstum spielen, wenden sich ab vom Konsum. Sparen ist die neue Botschaft, für Amerika bislang völlig ungehört.

Denn auf die Konsumenten konnte man sich bisher fest verlassen, egal wie vernünftig oder unvernünftig es auch erschien, dass der private Verbraucher nicht nur alles Mögliche für den täglichen Bedarf kaufte, sondern auch Autos, Häuser, was das Herz begehrt – und natürlich auf Pump, wenn denn das Geld nicht reicht. Auf diese Art und Weise wirtschafteten ja nicht nur die Privatleute, sondern das gesamte Staatswesen. Der Rest der Welt freute sich, bis vor Kurzem jedenfalls, denn von den Exporten in die USA ließ sich glanzvoll leben. Wenn die Vierteljahreszahlen solcher Unternehmen wie MAN, Volkswagen oder Siemens goldene Zeiten verhießen, dann war das auch den Abnehmern aus Amerika geschuldet. Nun rückte die Schuldenkrise jenseits des Atlantiks aber auch plötzlich einige Probleme in den Vordergrund. Was denn, wenn die USA die Weltkonjunktur nicht mehr antreiben? Ein Ersatz-Topspieler ist nicht in Sicht, denn China wird noch Jahre brauchen, um die Rolle einer Konjunkturlokomotive zu übernehmen. Ein gewisses Unbehagen bei der Aussicht auf eine chinesische Führungsrolle ist denn auch allenthalben zu spüren: Zum ersten Mal wäre dann ein nicht demokratisches Land in dieser Position und damit mächtiger als bisher jemals gedacht. Schon jetzt konnte China ja in der amerikanischen Verfassungsdebatte deutlich auftrumpfen: Als größter Gläubiger der USA genügte schon ein mahnend erhobener Zeigefinger, um den Streithähnen in Washington zumindest kurzfristig mal einen Schrecken einzujagen. Dass es nicht unmittelbar geholfen hat, entkräftet das Argument keineswegs. Denn China wäre noch zu ganz anderen Demonstrationen in der Lage. Man hat sich zurückgehalten, weil eine allzu deutliche Aktion die Fronten in den USA nur noch mehr verhärtet hätte – da ist Peking ebenso wie allen anderen das Hemd näher als der Rock. Denn eine weitere Abwertung der eigenen Dollarreserven würde auch Peking in die Bredouille bringen. Die Schwäche der amerikanischen Wirtschaft also ist auch im Fernen Osten unbeliebt. Als bester Kunde fällt Amerika bis auf Weiteres aus. Als Investor womöglich auch noch. Was die Chinesen ärgert, sollte Europa nicht gleichgültig sein – am Exportboom des Landes haben auch die europäischen Staaten bisher gut verdient, allein schon durch Ausrüstungsinvestitionen. Amerika retten heißt, die Welt retten – immer noch.