Ein neuer spanischer Erbfolgekrieg?
Im Sommer 1713 atmete ganz Europa auf. Der Friede von Utrecht war geschlossen. Ein Meilenstein zur Beendigung des äußerst blutig geführten Erbfolgekrieges. Die spanische Krone verlor durch diesen Friedensschluss die Niederlande, die Kräfteverhältnisse in Europa wurden neu geordnet – und das betraf ganz direkt auch die Deutschen.
Im Sommer 1713 atmete ganz Europa auf. Der Friede von Utrecht war geschlossen. Ein Meilenstein zur Beendigung des äußerst blutig geführten Erbfolgekrieges. Die spanische Krone verlor durch diesen Friedensschluss die Niederlande, die Kräfteverhältnisse in Europa wurden neu geordnet – und das betraf ganz direkt auch die Deutschen.
Sommer 2013 – exakt 300 Jahre später. Kommen die Spanier wieder? Heutzutage schießt man nicht mehr mit Vorderladergewehren aufeinander, nein, man horcht gegenseitig elegant die Datenleitungen ab und übernimmt die Anteile des Konkurrenten – das ist gesundheitsschonender. Ökonomisch sind die Effekte indes vergleichbar. Und in dieser schönen, neuen, virtuellen, mobilen Welt werden die Niederlande nun wieder spanisch. Die iberische Telefónica schluckt die königlich-niederländische KPN, oder, für uns Betroffene: O² verleibt sich E-Plus ein.
Ungläubig weiten sich die Augen. Beide Mobilfunkanbieter ergänzen sich einigermaßen, das schon. Aber beide haben große Schwierigkeiten. Vor allem das E-Netz, von dem E-Plus seinen Namen hat, kann mit den Standards der Konkurrenz vielerorts kaum mithalten. Tut, tut, keine Verbindung, Netz überlastet. Doch auch O² hat einen Klotz am Bein. Der spanische Telefonriese steht mit 52 Milliarden Euro bei seinen Gläubigern in der Kreide. Schon macht der uralte Witz vom dem Blinden und dem Lahmen die Runde.
Längst laufen Dienste wie Whatsapp – natürlich kostenlos – der SMS-Nachricht den Rang ab. Der Markt für Mobilfunkanbieter wird härter, und für 2017 steht die Verlängerung der Lizenzen an. Milliarden werden allein hier zu investieren sein. So liegt der Eindruck nahe, die iberische Telefon-Armada, tief im Wasser liegend aufgrund enormer Schulden, wolle sich mithilfe holländischer Golddoublonen sanieren und wieder manövrierfähig werden. Fünf Milliarden und ein Paket eigener Aktien von 17,6 Prozent legt Telefónica dafür auf den Tisch.
Gewonnen ist das Spiel mit diesem Angebot aber noch lange nicht. Was passiert, wenn die Kartellwächter die erneute – diesmal virtuelle – Übernahme der Niederlande durch die spanische Mobilfunk-Armada kassieren? Die Wettbewerbshüter bestanden bislang immer darauf, dass es hierzulande vier voneinander unabhängige Mobilfunkanbieter am Markt präsent sind, und es ist überhaupt kein Grund dafür ersichtlich, dass sie nun plötzlich einknicken sollten.
Der Zusammenschluss O² und E-Plus zum deutschen Marktführer wirkt prima vista wie ein big deal. In Wirklichkeit ist diese Fusion, wenn sie denn je stattfindet, die Rettung für zwei, die kurz davor sind, in Seenot zu geraten. Die Zeche für die spanische Übernahme zahlt sowieso, heute wie im Erbfolgekrieg, der kleine Mann – damals hieß er Tagelöhner oder Knecht, heute wird er Verbraucher genannt. Denn, und das ist eine Binsenweisheit, in einer Gruppe von drei Marktteilnehmern – neben O² noch Vodafone und Telekom – bückt man sich nicht wegen kleiner Münzen. Die Mobilfunktarife werden erst weniger sinken und dann steigen. Der Verbraucher wird schon zahlen.