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Energiewende und Mindestlohn

Der glaubwürdige und leistungsstarke Partner für den Wandel des europäischen Energieversorgungssystems – RWE möchte, so ist zu hören, genau das werden. Künftig soll nur noch in erneuerbare Energien investiert werden. Eine Wahl hat der Konzern wohl nicht. Indes – den Gewinnen beim rheinisch-westfälischen Energieriesen, der bislang übrigens Europameister im Ausstoß des umweltschädlichen CO² ist, steht wohl eine rasante Talfahrt bevor. „Wir werden künftig mit weniger Mitarbeitern auskommen müssen“, teilt RWE-Chef Terium dazu kurz und bündig mit. Das klingt ein wenig nach einem Hilferuf.

BÖRSE am Sonntag

Der glaubwürdige und leistungsstarke Partner für den Wandel des europäischen Energieversorgungssystems – RWE möchte, so ist zu hören, genau das werden. Künftig soll nur noch in erneuerbare Energien investiert werden. Eine Wahl hat der Konzern wohl nicht. Indes – den Gewinnen beim rheinisch-westfälischen Energieriesen, der bislang übrigens Europameister im Ausstoß des umweltschädlichen CO² ist, steht wohl eine rasante Talfahrt bevor. „Wir werden künftig mit weniger Mitarbeitern auskommen müssen“, teilt RWE-Chef Terium dazu kurz und bündig mit. Das klingt ein wenig nach einem Hilferuf.

Die SPD hat den Ruf gehört. Hannelore Kraft hat sich dem Vernehmen nach bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin ordentlich ins Zeug gelegt für die Braunkohle – den Arbeitsmarkt in NRW fest im Blick. Dafür bekommt sie prompt die Quittung. In der rot-grünen Düsseldorfer Landesregierung hängt Haussegen schief. Die SPD nimmt’s in Kauf, denn sie kann sich eine Belastung des Arbeitsmarktes nicht leisten. Es wäre die zweite. Denn da ist ja noch der gesetzliche Mindestlohn.

Arbeitsplätze hin, Umwelt her. Wäre nicht doch der von den Grünen auch in Nordrhein-Westfalen vehement geforderte Ausstieg aus der Kohle wenigstens der bestmögliche Umweltschutz? Nicht unbedingt – wenn andernorts in anderer Währung erheblich mehr „bezahlt“ werden muß. Genügend Kernkraftwerke stehen mit dampfenden Kühltürmen nahe der deutschen Grenze – in Frankreich, Belgien und Tschechien. Und sie haben samt und sonders alles andere als einen makellosen Ruf. Wo bleibt da die vielbeschworenen Energiewende? Trotz großer Anstrengungen, die jeder Verbraucher an seiner Stromrechnung ablesen kann, sind die Quellen für erneuerbare Energie noch nicht auf dem Stand, den sich alle – alle! – erhoffen.

Kommt trotzdem das Aus für die Kohle? Wohl kaum. Zu viele Menschen hätten Nachteile. An preiswerter Energie hängt auch manch kleiner Komfort, den sich Menschen an oder unter der Armutsgrenze sonst nicht leisten könnten. Nein, nicht alle Maßnahmen, die zur Energiewende beitragen sollen, sind hier hilfreich. Diese Wende hat eine unsoziale Seite. Das ist ein komplexer Zusammenhang, über den die Befürworter radikaler Maßnahmen – politisch vorwiegend links zu verorten – ihre potentiellen Wähler nicht aufgeklärt haben.

Die Gewerkschaften wirken derweil auffallend zurückhaltend in der Frage der Energiewende. Denn sie sind, salopp gesprochen, der Lobby-Verband der Arbeitsplatzbesitzer. Wer seinen Job verliert, gerät gewerkschaftlich aus dem Fokus, auch wenn das niemand so recht möchte. Auch der gesetzliche Mindestlohn kann dieses Problem nicht lösen. Gerade der nicht.

Mindestlohn? Was hat der denn mit der Energiewende zu tun? Beide werden, so gut gemeint sie auch sein mögen, vor allem eines kosten: Arbeitsplätze. Die Energieversorger und die möglichen Koalitionäre in Berlin sitzen im selben Boot. Und sie haben möglicherweise noch manches Wellental vor sich.