Geht’s noch?
Als wäre das Chaos an den Finanzmärkten nicht schon groß genug, müssen einige wohl immer noch Öl ins Feuer gießen. Die angebliche Panne bei der Rating-Agentur Standard & Poor’s hat gerade noch gefehlt. Peinlich daran ist aber keineswegs nur die Tatsache, dass am Donnerstagnachmittag eine Meldung der Agentur über die Herabstufung Frankreichs offenbar unkontrolliert an den sicher nicht kleinen Verteiler von Standard & Poor’s ging. Viel schlimmer war, dass man wohl keine Fehlerkontrolle hat, die diesen Namen verdient.
Als wäre das Chaos an den Finanzmärkten nicht schon groß genug, müssen einige wohl immer noch Öl ins Feuer gießen. Die angebliche Panne bei der Rating-Agentur Standard & Poor’s hat gerade noch gefehlt. Peinlich daran ist aber keineswegs nur die Tatsache, dass am Donnerstagnachmittag eine Meldung der Agentur über die Herabstufung Frankreichs offenbar unkontrolliert an den sicher nicht kleinen Verteiler von Standard & Poor’s ging. Viel schlimmer war, dass man wohl keine Fehlerkontrolle hat, die diesen Namen verdient.
Denn wenn es zwei Stunden dauert, bis eine Korrektur kommt, dann scheint eine gewisse Schläfrigkeit nicht auszuschließen. Denn es dürfte von den Empfängern der Agentur-Meldung sicherlich sehr kurzfristig ein paar erstaunte Rückfragen gegeben haben. Der etwas schnoddrige Hinweis der Bonitätswächter, beim Anklicken eines mitgelieferten Links habe ein Empfänger sehen können, dass das Rating in der Übersicht nicht geändert worden sei, lässt tief blicken. Sollen die Geschäftspartner von Standard & Poor’s vielleicht Ratespiele treiben? Deren E-Mails künftig nicht mehr ernst nehmen? Oder vielleicht durch Würfeln ermitteln, was denn nun Tatsache ist und was nicht bei der Agentur-Korrespondenz? Seltsame Sitten jedenfalls. Die müde Erklärung der Bonitätsprüfer zudem kann eines nicht aus der Welt schaffen: Wer hat denn in welcher Absicht den Text überhaupt erst verfasst? Denn da scheint ja eine Abstufung Frankreichs bereits fix und fertig vorgelegen zu haben. Arbeitet die Agentur so, dass sie hypothetische Entscheidungen auf Vorrat begründet und dann nur noch aus der Tasche zieht? Sicher ist jedenfalls, dass der Eklat eine Menge Geld gekostet hat. Nicht nur, dass zeitweise die französischen Zinssätze anzogen. Auch die Verunsicherung an den Märkten nahm zu, weit über Frankreich hinaus. Die Rolle, in der sich die Agenturen gern sehen, nämlich als verlässliche und unbestechliche Verfasser von Bonitätsurteilen, nehmen die Anleger immer weniger ernst. Viele Marktteilnehmer glauben nur dem, was sie selbst ermitteln. Trotzdem kommt an den Urteilen bislang jedenfalls kaum jemand vorbei, weil die Nichtbeachtung solcher Expertisen eine Menge Geld kosten würde: Sich allein gegen den Markt zu stellen ist selten gesund, ob man die Bewertungen nun als stichhaltig einschätzt oder nicht. Vermutlich glaubten viele auch der Falschmeldung, zumal ja die Bonitätsagentur Moody’s vor einigen Wochen bereits eine Warnung gegenüber Frankreich geäußert hatte, ohne Sparmaßnahmen im Haushalt sei die Höchstwertung des Landes bedroht. Frankreich als zweitgrößter Garantiegeber des europäischen Rettungsfonds EFSF würde von einer Herabstufung zunächst selbst getroffen – die Anleihen des Rettungsfonds aber ebenfalls. Die Last für Deutschland zum Beispiel würde zunehmen. Kein Wunder also, dass die europäische Politik sich entsetzt zeigte und umgehend wieder der Ruf nach einer eigenen europäischen Rating-Agentur laut wurde. Vermutlich könnte die Gründung einer solchen in der Tat nicht schaden, schon allein aus Wettbewerbsgründen. Ob sich deren Urteile aber dann in der Realität von denen der amerikanischen Konkurrenz sonderlich unterscheiden würden, ist erst einmal nicht anzunehmen. Und ob sie weniger schlampig mit ihrer Firmenpost umgehen würde, weiß man natürlich auch nicht.