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Geld macht schwindlig

Die Krise ist nicht tot, sie schläft nur. Zeit war es also für Weckrufe, diesmal aus Spanien. Die bereits einigermaßen verdaut geglaubten Zahlen von der iberischen Halbinsel, etwa die der Arbeitslosigkeit von offiziell an die 24%, und die der Jugendlichen mit 50%, waren eigentlich im Wesentlichen bekannt. Ebenso die Sparmaßnahmen, die nicht reichten und nun nochmals mit einem Potenzial von 10 Mrd. Euro das Haushaltsdefizit verringern sollen. Brüssel prüft noch, wird aber nichts weiter unternehmen – denn was kann man schon tun?

BÖRSE am Sonntag

Die Krise ist nicht tot, sie schläft nur. Zeit war es also für Weckrufe, diesmal aus Spanien. Die bereits einigermaßen verdaut geglaubten Zahlen von der iberischen Halbinsel, etwa die der Arbeitslosigkeit von offiziell an die 24%, und die der Jugendlichen mit 50%, waren eigentlich im Wesentlichen bekannt. Ebenso die Sparmaßnahmen, die nicht reichten und nun nochmals mit einem Potenzial von 10 Mrd. Euro das Haushaltsdefizit verringern sollen. Brüssel prüft noch, wird aber nichts weiter unternehmen – denn was kann man schon tun?

Die Wirtschaftsleistung schrumpft, und damit wachsen die Schulden, wenn man sie als Quote des Bruttoinlandsprodukts betrachtet, was seit Maastricht die entscheidende Rechnungslegung ist. Dass diese Kennzahlenbetrachtung einmal die heutigen Probleme mit verschlimmern würde, hat sich wohl niemand gedacht: Dass höhere Verschuldung einhergeht mit verschlechterter Wirtschaftsleistung und Sparmaßnahmen die Bilanz dann noch einmal belasten, war so krass nicht vorgesehen. Man machte sich damals in den Neunziger Jahren eher Gedanken darüber, ob denn die vorgesehenen Strafzahlungen bei Überschreiten der Maastricht-Kriterien nicht kontraproduktiv wären – nämlich die desolate Lage eines Landes noch verschärfen würden. Das war schon richtig gedacht, aber nicht weiter wichtig, denn noch nie hat ein Mitgliedsstaat tatsächlich für Verstöße bezahlt, begangen aber haben sie fast alle schon mal. Heute hat man die seltsame Situation, dass die weitgehend Unschuldigen die Strafen zahlen, die Unbeteiligten zittern müssen und die Schuldigen nichts zu verlieren haben. In Spanien gestaltet sich die Rettung, wenn sie denn notwendig werden sollte, schon allein deshalb schwierig, weil die Regionen viel zu sagen und weitgehend über ihre Verschuldung zu bestimmen haben. Das ist ähnlich effizient organisiert wie der deutsche Föderalismus mit seinem Länderfinanzausgleich. Was Madrid lernt, das lernt Katalonien noch lange nicht. Bleibt also wieder einmal nur Hoffen oder Bangen, je nach Gemütslage. Am Rande der Krise kommen aber auch zur Unterhaltung des Publikums immer mal wieder Kuriositäten an die Oberfläche. Etwa die, dass Spanien auf die Ansiedlung eines amerikanisch finanzierten Spielerparadieses hofft – mit Investitionen von 22 Mrd. Dollar würden direkt und indirekt Tausende Arbeitsplätze (sozusagen Spielplätze) geschaffen. Eurovegas wäre doch der Renner im Land des Lottofiebers. Griechische Gäste sicher gern gesehen, beispielsweise die Anteilseigner der griechischen Zentralbank. Die schüttet Millionen aus an ihre privaten (und staatlichen) Aktionäre. Klar sollen die auch mal was haben, nur kommt das Geld nicht aus echten Erträgen, denn man hat ja ein bisschen Schulden eigentlich heutzutage in Athen. Dann wäre da noch die Tatsache, dass China Bulgarien hilft. Bulgarien nämlich fällt in Peking unter die Kategorie „Entwicklungsland“. Schöner Realismus also; und wenn Bulgarien EU-Mittel zur Förderung bekommt, China aus Brüssel aber auch noch Entwicklungshilfe, welche man dann in Teilen an Bulgarien weiterreicht – dann haben wir in Europa mal einen richtigen Gewinner, einen  Hidden Champion sozusagen. Und auch noch ganz nah an Griechenland! Was kann man aus alledem lernen? Vielleicht nur das: Mag die Krise manchmal schlafen, Geld schläft nicht.