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Hilfe! Die Russen kommen nicht!

Das war eigentlich eine tolle Idee von Präsident Anastasiades: Um seine Insel nicht in jene dunklen Zeiten zurückfallen zu lassen, als jeder noch von ehrlicher Arbeit leben musste und sich anstrengen und der Staat seine Erlöse nicht aus dubiosen Quellen speiste, wollte er den Eigenbeitrag Zyperns zur eigenen Rettung nicht von den eigenen Leuten bezahlen lassen. Sondern von den Russen. Warum auch nicht? Der EU-Spielverderber-Troika eine Nase drehen?

BÖRSE am Sonntag

Das war eigentlich eine tolle Idee von Präsident Anastasiades: Um seine Insel nicht in jene dunklen Zeiten zurückfallen zu lassen, als jeder noch von ehrlicher Arbeit leben musste und sich anstrengen und der Staat seine Erlöse nicht aus dubiosen Quellen speiste, wollte er den Eigenbeitrag Zyperns zur eigenen Rettung nicht von den eigenen Leuten bezahlen lassen. Sondern von den Russen. Warum auch nicht? Der EU-Spielverderber-Troika eine Nase drehen?

Da hätte Zypern dem großen Bruder Griechenland mal zeigen können, wie man so was macht. Zumal die Brüsseler Euro-Gruppe eine Steilvorlage geliefert hatte, wie sie steiler nicht auszudenken wäre. Mal eben so die Spargroschen besteuern ohne Vorlauf, ohne Ansehen der Einzelumstände und jeden russischen Investor zum Oligarchen erklären und jeden Oligarchen zum Geldwäscher und Steuerhinterzieher? Das war ja wohl mal eine Pleite. Mag sein, dass der pfiffige Anastasiades das selbst ausgebrütet hat, diesen seinen Eigenbeitrag zum 16-Mrd.-Rettungspaket, wohl wissend, dass er da bei seinen Zyprern eine Lawine lostreten würde, hinter der er sich dann verstecken konnte mit den weisen Worten: „So geht das nicht.“ Geht auch wirklich nicht, denn die Logik fehlt (was genau trägt ein Sparer und Anleger dazu bei, dass seine Bank vor der Pleite steht?) und die Rechtsgrundlage erst einmal auch. Eine plötzliche Enteignung mit willkürlichen Sätzen und Grenzbeträgen (unter/über 100.000 Euro) ist nun wirklich leicht angreifbar. Das Dümmste, was die Euro-Retter damit verzapft haben, war allerdings, dass sie offenbar über die Kollateralschäden gar nicht erst nachdachten. Ein Insider meinte, dass da nachts in Brüssel auch nur noch Bürokraten am Werkeln waren, mit Vertrauen als Grundlage jeder Marktwirtschaft hatten die noch nie zu tun gehabt. Müssen die gestaunt haben, als am letzten Montag die asiatischen Börsen öffneten! Aber egal, das ist Schnee von gestern, der Euro hat sich vom Anschlag seiner Retter wieder etwas erholt und Zypern ging nach Russland statt nach Canossa, wo es hingehört hätte. Nun leben die Heinzelmännchen wenn überhaupt in Köln und nicht in Moskau und so ging es dann auch aus: Russland hat, welche Überraschung, kein Interesse an zyprisch-unterseeischen Gasquellen. Könnte es sein, dass Russland selber schon ein bisschen eigenes Gas hat? Daran muss es wohl liegen. Eine Militärbasis bei Limassol, das wäre mal ein Angebot gewesen! Aber dem stehen gewisse Verwicklungen im Wege, vor allem das völlig humorlose Brüssel und die ebenso unlustige NATO. Wäre doch so nett gewesen, russischer Marine-Begleitschutz für den Oligarchen fern der Heimat sozusagen und Borschtsch in der Kantine. Aber: keine Rettung, nirgends. Was immer nun greift, Plan C oder D oder auch E, man kann festhalten: Der Zustand des zyprischen Bankensektors ist lange bekannt, niemand hat eine Sanierung auch nur erwogen. Die Geldwäsche-Vermutung hätte schon seit Jahren untersucht und gegebenenfalls bewiesen werden können, mit entsprechenden Reformen und Abkommen (die Schweiz konnte es ja schließlich auch). Die Gesundung der Staatsfinanzen hätte gelingen können, wenn man sie versucht hätte: Mit dem Tourismus hat Zypern stetige Einnahmen. Und in Brüssel hätte man vorsorgen können, dass eine Insel mit weniger Wirtschaftskraft als das Saarland nicht zur Bombe wird. Zu spät. Was zyprische Politik angeht, da wird sich mancher in der EU noch erinnern: Vorbedingung für den Beitritt 2004 war eigentlich die Wiedervereinigung der Insel. Die türkisch-zyprische Seite sagte Ja, die griechisch-zyprische Regierung versprach es – und das Volk lehnte am Ende kühl ab. Aber da war Zypern schon Mitglied und der Druck war weg. Die Erinnerung daran könnte heute helfen.