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Krise im Brutkasten?

Die amerikanischen Banken erfreuen sich steigender Beliebtheit bei ihren Aktionären; die Großen der Branche präsentieren sich dieser Tage als gesund und munter. Fast eine schöne neue Welt, wären da nicht die hässlichen Begleitumstände der vorgeblichen Sanierung des Sektors.

BÖRSE am Sonntag

Die amerikanischen Banken erfreuen sich steigender Beliebtheit bei ihren Aktionären; die Großen der Branche präsentieren sich dieser Tage als gesund und munter. Fast eine schöne neue Welt, wären da nicht die hässlichen Begleitumstände der vorgeblichen Sanierung des Sektors.

Beispielhaft zeigte in der abgelaufenen Woche die Präsentation der Großbank J. P. Morgan Chase, wie man den Umschwung bewerkstelligt. Zunächst einmal: Die Margen sinken; kein Wunder, im Kreditgeschäft gibt es kaum etwas zu verdienen dieser Tage. Das Investmentbanking leidet, der Rentenhandel ebenso und Privatkunden zeigen sich knauserig. Immobilien? Oh je. Ruhigstellen konnte J. P. Morgan die Kritiker nur deshalb, weil man die Risikovorsorge drastisch heruntergefahren hat: auf etwas über 13 Mrd. Dollar in den ersten neun Monaten 2010 gegenüber noch gut 24 Mrd. im Vorjahreszeitraum. Die zurückgehenden Ausfälle bei Hypothekenkrediten rechtfertigen das – vorerst. Denn nach mittlerweile vier Jahren Immobilienblase und -krise in den USA ist zwangsläufig einmal ein Punkt erreicht, an dem die Zahl der Pleiten abnehmen muss. Der moderate Wirtschaftsaufschwung tut auch etwas dazu, ebenso die Zentralbank, die ihren langfristig gefährlichen Null-Zins-Kurs erst einmal beibehält. Auf Dauer aber werden Bankhäuser wie Morgan nicht davon leben können, dass ihre Ausfälle weniger werden. Zumal noch nicht einmal das gesichert erscheint – es hängt einfach von der künftigen Konjunkturentwicklung ab. Zudem halsen sich gerade die US-Banken von Bank of America bis eben J. P. Morgan das nächste Problem auf: Bei Zwangsversteigerungen von Immobilien sollen sie die notwendigen Papiere nicht ordnungsgemäß erstellt haben, womit zahlreiche Versteigerungen unrechtmäßig zustande gekommen wären. Leidtragende: die Hausbesitzer. Bereits jetzt legte J. P. Morgan dafür 1,3 Mrd. Dollar zur Seite – vermutlich rechnet man mit noch erheblich mehr Belastungen, wenn die Staatsanwälte mit ihren Ermittlungen fertig sind. Das Verhalten der Großbanken könnte schon den Keim zur nächsten Bankenkrise in sich tragen: Kaum Erträge im Kerngeschäft, dabei spottbillige Refinanzierung bei gleichzeitig dubiosem Geschäftsgebaren – das klingt wie eine ungesunde Mischung. Von den längst wieder sprudelnden Millionen-Bonuszahlungen an die Banker ganz zu schweigen. Ein britischer Topbanker ließ dieser Tage zerknirscht dahingehend vernehmen, dass man vorerst einmal Demut zeigen und anerkennen solle, dass man an der Krise schuld sei und eine unheilvolle Rolle gespielt habe. Das scheint ein guter Ansatz zu sein – die Frage stellt sich allerdings, welche Haltung man als Banker denn einnehmen soll, wenn die offenbar befristete Zeit für Demut dann eines Tages vorbei sein wird? Bei amerikanischen Großbanken jedenfalls, so hat es den Anschein, hat man diese Phase der Einsicht einfach übersprungen. Für den Rest der Menschheit verheißt das nichts Gutes. 

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