Letzte Meile
Mit dem jüngsten EU-Gipfel haben die Teilnehmer begonnen, die letzte Meile zu gehen auf dem Weg, der am Ende eine Rettung der Eurozone, vielleicht gar der gesamten Europäischen Union bringen soll. Warum nun nach jahrelangem Zaudern und Zagen, nach Kakofonie und Streit das Ziel nahe sein soll, ist dem Publikum so leicht nicht zu erklären. Aber es ist in der Tat an vielen Kleinigkeiten erkennbar, dass der Streit zwar weitergehen mag, am Ende aber ein Ergebnis stehen wird, das man in den letzten beiden Jahren so zwar herbeiwünschen, aber keinesfalls klar sehen konnte.
Mit dem jüngsten EU-Gipfel haben die Teilnehmer begonnen, die letzte Meile zu gehen auf dem Weg, der am Ende eine Rettung der Eurozone, vielleicht gar der gesamten Europäischen Union bringen soll. Warum nun nach jahrelangem Zaudern und Zagen, nach Kakofonie und Streit das Ziel nahe sein soll, ist dem Publikum so leicht nicht zu erklären. Aber es ist in der Tat an vielen Kleinigkeiten erkennbar, dass der Streit zwar weitergehen mag, am Ende aber ein Ergebnis stehen wird, das man in den letzten beiden Jahren so zwar herbeiwünschen, aber keinesfalls klar sehen konnte.
Noch immer herrscht Skepsis gegenüber der Gemeinschaftswährung, gerade in jenen Mitgliedsländern, die am meisten davon profitiert haben, in Deutschland zum Beispiel. Die Exportindustrie und die dort beschäftigten Arbeitnehmer gehören gewiss nicht zu jenen, die das Experiment Euro verdammen. Wohl aber einige Wirtschaftswissenschaftler, auch politisch interessierte Kreise. Wegdiskutieren kann man die Schwierigkeiten in der Tat nicht – eine Auflösung der Eurozone allerdings wäre heute ein Rückschritt, dessen Folgen weit weniger beherrschbar wären als etwa eine Pleite am Mittelmeer oder in der Irischen See. Darüber hinaus zeigen die Pläne des deutsch-französischen Duos in die richtige Richtung, in die der Zukunft: die Abkehr vom unbedingten Einstimmigkeitsprinzip, die Budgetüberwachung, die damit verbundene teilweise Abgabe von Souveränitätsrechten: All das war vor Kurzem noch undenkbar und untermauert die These, dass aus einer Krise mitunter notgedrungen Fortschritt erwächst, wenn auch unter heftigen Schmerzen. Sehr richtig die Ablehnung der sogenannten Eurobonds zum jetzigen Zeitpunkt – eine Harmonisierung nicht nur der Volkswirtschaften, sondern bis zu einem gewissen Grad auch der sie tragenden Philosophien müssten die ersten Schritte sein. Darüber könnten sich Politik und Wissenschaft Gedanken machen, wenn der Pulverdampf der aktuellen Debatte sich verzogen hat. Erstaunliche Entwicklungen auch in der europäischen Staatengemeinschaft: Die Halbherzigen bleiben zurück. Das ist nur konsequent. Wenn Großbritannien von den Vorteilen eines gemeinsamen Marktes profitieren will, ansonsten aber aus innenpolitischen und vom Finanzplatz diktierten Motiven über Brüssel schimpft und ansonsten nur stereotyp sagt: „I want my money back“, dann ist das Ausscheren für die übrigen Partner nichts als eine Erleichterung. Am Ende soll es ein Europa der Willigen werden und nicht der Unwirschen. Einige Anzeichen für eine gewisse Normalisierung waren im übrigen schon Anfang der Woche zu besichtigen: Die alberne Drohung der sattsam bekannten Rating-Agentur Standard and Poor’s, halb Europa herabzustufen, regte niemanden mehr auf – S&P macht sich einfach nur noch lächerlich. Und der erneute Banken-Stresstest der europäischen Aufsichtsbehörde lockte keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor, denn schon beim letzten und vorletzten dieser Sorte hatte man erkennen können, dass der Test alles Mögliche aussagt, nur nichts über das, was er ermitteln soll. Endlich zieht die Karawane weiter.