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Lupenreine Geschäftsleute

Was passiert, wenn sich ein ausgewiesener Diktator, einer von der finsteren Sorte, mit einem freudlosen lupenreinen Autokraten anlegt? Es geht rund, und alle, die außerhalb des Machtbereichs eines der beiden Gentlemen leben, haben was zu staunen. Die innerhalb des Machtbereichs vielleicht auch, aber für die ist es viel weniger lustig. Vor allem, wenn man sich unversehens im Gefängnis wiederfindet, wo man doch eben noch mit dem Premierminister geplauscht hat bei weißrussischem Tee mit Milch womöglich. Was uns davon etwas angeht? Nun, jenseits des Unterhaltungswertes inklusive nobler Gefühle wie Schadenfreude, Sensationsgier und Gruseln, ist ein Unternehmen betroffen, das wegen russischer Turbulenzen fast aus dem Dax geflogen wäre: K +S, ehemals BASF-Tochter und lange Zeit staubtrockener Düngerproduzent, profitierte von russischer Ruhe und kanadischem Geschäftssinn. Dort, an den beiden Polen der Kaliförderung im großen Stil, ruhte still der Baggersee. Das Oligopol setzte die Kalipreise, zumindest deren Untergrenze, und Dritte wie K+S hatten ihr Auskommen. Die Räuberpistole begann mit der Mutmaßung (nicht etwa Ankündigung!) des Chefs von Uralkali, Wladislaw Baumgertner, dass man die Produktion steigern werde und dies womöglich die Preise auch von 400 auf 300 Dollar pro Tonne drücken könnte. K+S verloren prompt ein Viertel ihres Börsenwertes (und holen geschmackloserweise inzwischen wieder auf, seit Baumgertner sein Erlebnis mit der weißrussischen Justiz hatte). Baumgertner jedenfalls flog nach Minsk, zum Regierungschef, was schon leichtsinnig war. Aber so sind sie, die Oligarchen – keine Angst vor niemand. Denn der Premierminister hat doch gar nichts zu melden, das hat nur Potentat Lukaschenko in Minsk, und Uralkali traf sein weißrussisches Pendant Beloruskali dummerweise mitten ins Herz – und an jenem liegt das Kali dem Diktator besonders, weil es nach diversen Problemen mit anderen Unternehmen fast das einzige Geldversorgungsinstitut des Herrn Lukaschenko ist. So ein Herrscher braucht die Penunzen eben, um seine Günstlinge zu bezahlen, und selbst was zum Leben haben will man ja schließlich auch. Aber Baumgertner ins Gefängnis zu werfen wegen „Amtsmissbrauchs“ (haha!), das war keine gute Idee. Denn jetzt läßt Putin zurückschlagen, dem Baumgertner sicher egal ist, aber hier geht es um die Ehre, die lupenreine. Leider, leider gibt es plötzlich Reparaturbedarf an russischen Ölleitungen, just jenen, die nach Weißrussland führen, so ein Pech: da wird man wohl die Lieferungen kürzen müssen (um ein Drittel). Und wie es sich so fügt, wird in weißrussischer Milch, die nach Russland exportiert wurde, nun ein fieses Bakterium gefunden! Das sind Geschichten, die das Leben schreibt mit letzter Tinte. Aber – wie haben die das alle damals nur ausgehalten gemeinsam in einer Sowjetunion? Das sind Fragen, die noch ihrer Analyse harren. Wir jedenfalls harren der Fortsetzung der wirtschaftlichen Seifenoper,  vielleicht nimmt Lukaschenko ja noch ein paar russische Geiseln, oder Putin befiehlt Luftschläge, oder verkauft sein Öl an den Denver Clan, oder bestäubt den Präsidentenpalast mit Kaliumchlorid, wer weiß. Was macht eigentlich Brüssel? Sollte man Weißrussland nicht den Kandidatenstatus geben, so als europäisches Signal? Egal, irgendwie wird sich das schon sortieren. Aber K+S bleibt gefälligst im Dax, dass das klar ist!

BÖRSE am Sonntag

Was passiert, wenn sich ein ausgewiesener Diktator, einer von der finsteren Sorte, mit einem freudlosen lupenreinen Autokraten anlegt? Es geht rund, und alle, die außerhalb des Machtbereichs eines der beiden Gentlemen leben, haben was zu staunen. Die innerhalb des Machtbereichs vielleicht auch, aber für die ist es viel weniger lustig. Vor allem, wenn man sich unversehens im Gefängnis wiederfindet, wo man doch eben noch mit dem Premierminister geplauscht hat bei weißrussischem Tee mit Milch womöglich. Was uns davon etwas angeht? Nun, jenseits des Unterhaltungswertes inklusive nobler Gefühle wie Schadenfreude, Sensationsgier und Gruseln, ist ein Unternehmen betroffen, das wegen russischer Turbulenzen fast aus dem Dax geflogen wäre: K +S, ehemals BASF-Tochter und lange Zeit staubtrockener Düngerproduzent, profitierte von russischer Ruhe und kanadischem Geschäftssinn. Dort, an den beiden Polen der Kaliförderung im großen Stil, ruhte still der Baggersee. Das Oligopol setzte die Kalipreise, zumindest deren Untergrenze, und Dritte wie K+S hatten ihr Auskommen. Die Räuberpistole begann mit der Mutmaßung (nicht etwa Ankündigung!) des Chefs von Uralkali, Wladislaw Baumgertner, dass man die Produktion steigern werde und dies womöglich die Preise auch von 400 auf 300 Dollar pro Tonne drücken könnte. K+S verloren prompt ein Viertel ihres Börsenwertes (und holen geschmackloserweise inzwischen wieder auf, seit Baumgertner sein Erlebnis mit der weißrussischen Justiz hatte). Baumgertner jedenfalls flog nach Minsk, zum Regierungschef, was schon leichtsinnig war. Aber so sind sie, die Oligarchen – keine Angst vor niemand. Denn der Premierminister hat doch gar nichts zu melden, das hat nur Potentat Lukaschenko in Minsk, und Uralkali traf sein weißrussisches Pendant Beloruskali dummerweise mitten ins Herz – und an jenem liegt das Kali dem Diktator besonders, weil es nach diversen Problemen mit anderen Unternehmen fast das einzige Geldversorgungsinstitut des Herrn Lukaschenko ist. So ein Herrscher braucht die Penunzen eben, um seine Günstlinge zu bezahlen, und selbst was zum Leben haben will man ja schließlich auch. Aber Baumgertner ins Gefängnis zu werfen wegen „Amtsmissbrauchs“ (haha!), das war keine gute Idee. Denn jetzt läßt Putin zurückschlagen, dem Baumgertner sicher egal ist, aber hier geht es um die Ehre, die lupenreine. Leider, leider gibt es plötzlich Reparaturbedarf an russischen Ölleitungen, just jenen, die nach Weißrussland führen, so ein Pech: da wird man wohl die Lieferungen kürzen müssen (um ein Drittel). Und wie es sich so fügt, wird in weißrussischer Milch, die nach Russland exportiert wurde, nun ein fieses Bakterium gefunden! Das sind Geschichten, die das Leben schreibt mit letzter Tinte. Aber – wie haben die das alle damals nur ausgehalten gemeinsam in einer Sowjetunion? Das sind Fragen, die noch ihrer Analyse harren. Wir jedenfalls harren der Fortsetzung der wirtschaftlichen Seifenoper,  vielleicht nimmt Lukaschenko ja noch ein paar russische Geiseln, oder Putin befiehlt Luftschläge, oder verkauft sein Öl an den Denver Clan, oder bestäubt den Präsidentenpalast mit Kaliumchlorid, wer weiß. Was macht eigentlich Brüssel? Sollte man Weißrussland nicht den Kandidatenstatus geben, so als europäisches Signal? Egal, irgendwie wird sich das schon sortieren. Aber K+S bleibt gefälligst im Dax, dass das klar ist!