Magie der großen Zahl
Noch keiner, der am Aufpumpen einer richtig großen Blase beteiligt war, hat deren Platzen kommen sehen. Kein Wunder: Wenn einem schier schwindlig wird ob der Magie der schieren Größe, und die Seifenblase aus der Nähe aussieht wie ein ganz eigenes Universum, will man das Implodieren nicht für möglich halten. Auch der abseits stehende Skeptiker hat keine Traumrolle: Mag er auch das Schillern des Ganzen als eine Mischung aus Luft und eingeseiftem H2O erkennen, man wird ihm nicht glauben.
Noch keiner, der am Aufpumpen einer richtig großen Blase beteiligt war, hat deren Platzen kommen sehen. Kein Wunder: Wenn einem schier schwindlig wird ob der Magie der schieren Größe, und die Seifenblase aus der Nähe aussieht wie ein ganz eigenes Universum, will man das Implodieren nicht für möglich halten. Auch der abseits stehende Skeptiker hat keine Traumrolle: Mag er auch das Schillern des Ganzen als eine Mischung aus Luft und eingeseiftem H2O erkennen, man wird ihm nicht glauben.
Der Ruhm solcher Leute wie Nouriel Roubini ist am Ende auch schal: Als Schwarzseher nach Jahren mal Recht gehabt zu haben, kann kein Lebenszweck sein. Was sich in den letzten Tagen an Tempo entwickelte, als das Internet-Kontaktunternehmen Facebook einen kleinen Teil seines großen Ganzen reichen Privatinvestoren anbot, kommt aber dem Eindruck einer neuen Massenhysterie schon ziemlich nahe. Es soll hier nicht prognostiziert werden wie einst bei Daimler und Benz, die da meinten, das Auto habe keine Zukunft (wo sollten bloß all die Chauffeure auch herkommen?) oder IBM, die die Verbreitung einiger hundert Computer schon für utopisch hielten – aber ob Facebook, wo sich Leute miteinander verbinden, Bilder und Geschichtchen austauschen oder kundtun, wo sie gerade ihren Burger futtern, jemals seine 50 Mrd. Dollar wert sein wird, die es heute kosten würde, das wagt man denn doch zu bezweifeln. Goldman Sachs (ja genau, diese Bank) hat sich für 450 Mio. eingekauft, zusammen mit der russischen DST, und suchte nun Leute, die je zwei Mio. bereit waren für einen Anteil zu zahlen. Es wurden so viele, dass man ihnen die Tür vor der Nase zudrücken musste. Der Ansturm ließ manchen nochmal überlegen, ob es wirklich stimmt, dass Facebook derzeit 1,2 Mrd. Dollar Umsatz und gerade einmal 355 Mio. Gewinn macht. Aber es stimmt. Erst in Jahrzehnten hätte Facebook seinen Preis verdient – wenn es dann noch existiert. Einst hochgejazzte Internetplattformen fristen ihr Dasein unter dem Dach eines Konzerns, der sie gerade so am Leben erhält – und verschämt versteckt; Namen wie Lycos oder AOL oder Geocities fallen einem ein – und Second Life ist wo nochmal? Verdienen kann man im Netz nur durch eine geniale Idee, für die Beiträge gezahlt werden, oder, wie in den meisten Fällen, durch Werbung und Provisionen. Je persönlicher ein Webangebot, desto weniger lassen sich Mitglieder durch Werbung belästigen – zahlen aber kann die zumeist junge Kundschaft kaum. Netzwerke wie Xing oder LinkedIn leben denn auch von vergleichsweise wenigen Mio. Nutzern, die zahlen – Facebook will Milliarden umarmen und ihnen Werbung vorsetzen. Solange es eben geht. Der 26jährige Gründer Mark Zuckerberg, in einem Kinofilm noch kürzlich als unreifer Bursche porträtiert, der so seine Problemchen mit dem Leben hat, darf sich dennoch freuen: Sein Anteil an der Bude ist 12,5 Mrd. Dollar wert. Selbst wenn ihm LinkedIn oder auch Groupon, eine Art Sammelbestell-Vereinigung für Gutscheine aller Art, wie einst die Hausfrauen-Teezirkel beim Ordern aus dem Otto-Katalog, mit einem Börsengang zuvorkommen sollten, wird es für Zuckerberg und natürlich Goldman Sachs noch dicke reichen. Die Blase scheint einfach noch Luft zum Atmen zu haben.