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Mene mene tekel u-pharsin

Es ist, so scheint es, die Woche der Harmonie. In Berlin scherzen Frau Kraft und Herr Dobrindt miteinander, und auch Frau Merkel und Gabriel blicken ganz koalitionär. So scheint nun klar, wohin die Reise geht. Die Finanzmärkte blicken indes mit gemischten Gefühlen in die Hauptstadt. Zwar scheint die direkte Erhöhung von Steuern nicht anzustehen, aber gibt es auch indirekte Wege, über die der Staat an Geld kommen kann. Das bekämen die Finanzmärkte zu spüren, da bedarf es vielleicht gar keiner Kapitalertragssteuer. Drohend steht auch vom gesetzliche Mindestlohn zu lesen. Zwar könnten die allermeisten Unternehmen die 8,50 Euro berappen, aber viele neue Arbeitslose würden sich bei der Arbeitnehmerpartei SPD zu bedanken haben. Arbeitslosigkeit schadet nicht nur dem Staat, dem Standort Deutschland durch wegfallende Steuereinnahmen, sondern sie zerstört Menschen. Ob alle Koalitionswilligen die Schrift an der Wand sehen?

BÖRSE am Sonntag

Es ist, so scheint es, die Woche der Harmonie. In Berlin scherzen Frau Kraft und Herr Dobrindt miteinander, und auch Frau Merkel und Gabriel blicken ganz koalitionär. So scheint nun klar, wohin die Reise geht. Die Finanzmärkte blicken indes mit gemischten Gefühlen in die Hauptstadt. Zwar scheint die direkte Erhöhung von Steuern nicht anzustehen, aber gibt es auch indirekte Wege, über die der Staat an Geld kommen kann. Das bekämen die Finanzmärkte zu spüren, da bedarf es vielleicht gar keiner Kapitalertragssteuer. Drohend steht auch vom gesetzliche Mindestlohn zu lesen. Zwar könnten die allermeisten Unternehmen die 8,50 Euro berappen, aber viele neue Arbeitslose würden sich bei der Arbeitnehmerpartei SPD zu bedanken haben. Arbeitslosigkeit schadet nicht nur dem Staat, dem Standort Deutschland durch wegfallende Steuereinnahmen, sondern sie zerstört Menschen. Ob alle Koalitionswilligen die Schrift an der Wand sehen?

So spannend die Berliner Befindlichkeiten auch sein mögen – das für die Finanzmärkte entscheidende Wochenspektakel spielte sich in Washington ab. Am Ende, nach 17 langen Tagen, die Mitternacht zog näher schon, haben die Republikaner zu Teilen Obama aus seiner Klemme geholfen. Sprichwörtlich um „fünf vor Zwölf“. Nunmehr wird die öffentliche Hand im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wieder arbeiten können, doch Pessimisten befürchten schon für Januar ein neues Schulden-Menetekel. Dies aber wohl zu Unrecht. Der Streit dürfte vorbei sein, denn ein ganzer Prozentpunkt beim Wirtschaftswachstum, Kosten von grob geschätzten 24 Milliarden Dollar und ein enormer Vertrauensverlust für die Finanz-Supermacht USA: das ist genug. Die Vereinigten Staaten glänzen ohnehin längst nicht mehr mit Bestnoten in den Bewertungen der internationalen Ratingagenturen. Dieses Zeichen, hell leuchtend, erschien wohl auch die Republikaner an der Wand.

Geht eine Schlacht unentschieden aus, hat der Angreifer den Nachteil. Das war schon auf den katalaunischen Feldern so, und es gilt auch heute. Die Republikaner, die in der angreifenden Rolle waren, werden sich jetzt, nach ihrer Demontage, mit sich selbst beschäftigen. Präsident Obama dürfte wieder ruhig schlafen können. Vorläufig. Denn die Zeichen stehen übergroß an der Wand des Weißen Hauses – die Schulden der USA sind nun auf über 17 Billionen Euro gestiegen. Wer wird bezahlen? Im Zweifel diejenigen, die private Vermögen besitzen.

Und was machen genau diese, die Anleger, angesichts dessen? Sie feiern ein formidables Gelage. Ein Rekordstand an den internationalen Aktienmärkten jagt den nächsten, auch der DAX klettert fröhlich mit. Sehr helfen dabei die 85 Milliarden, die die Fed monatlich in die Märkte pumpt. Laut einer Studie von J.P. Morgan Asset Management sind zum Beispiel 42,4 Prozent der Investmentbesitzer davon überzeugt, dass sich der deutsche Aktienmarkt in den kommenden sechs Monaten weiterhin positiv entwickeln wird. Das ist im historischen Vergleich ein Höchstwert. Ungeachtet aller Zeichen an der Wand. Doch anders als bei Belsazar ist diesmal in unmissverständlicher Klarheit zu entziffern, was geschrieben steht.