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Mittelstand reißt es heraus

Es pfiffen ja schon seit jeher die berühmten Spatzen von den ebenso berühmten Dächern: Deutschland verfügt über einen gesunden Mittelstand mit zahlreichen familiengeführten Unternehmen, die das Rückgrat bilden der Wirtschaft, wahlweise auch des ganzen Landes, und so im Rest der Welt nicht vorkommen.

BÖRSE am Sonntag

Es pfiffen ja schon seit jeher die berühmten Spatzen von den ebenso berühmten Dächern: Deutschland verfügt über einen gesunden Mittelstand mit zahlreichen familiengeführten Unternehmen, die das Rückgrat bilden der Wirtschaft, wahlweise auch des ganzen Landes, und so im Rest der Welt nicht vorkommen.

Also eine Art frei lebendes Kuschelvieh mit bodenständiger Anbindung und gleichzeitig Fühlern in die ganze Welt, wo man „Made in Germany“ so sehr schätzt, dass man alles, was man kriegen kann, erst einmal auseinandernimmt und möglichst naturgetreu nachbaut, so etwa im flinken China. Es gibt ja schon ganze Institute, die sich der Erforschung des Mittelstands widmen, und es gibt Stiftungen, die das Familienunternehmen betreuen und seine Bedeutung bekannt machen. Nicht existieren könnte der Mythos ohne das System der dualen Ausbildung und seiner daraus hervorgehenden Facharbeiter. Lästerte man früher noch gern: „Handwerk hat doppelten Boden“, so rücken die handfesten Tätigkeiten angesichts der Krisen allerorten doch wieder in den Mittelpunkt und der Eigenwerbung, dass Gott zwar das Universum geschaffen, das Handwerk es jedoch erst vernünftig ausgebaut habe, hätte es vielleicht gar nicht bedurft. Denn mitten in der trübseligen Euro-Wirtschaft erschüttern uns Nachrichten wie jene, dass man Fachkräfte stärker als bisher importieren muss. Dass der einst gefürchtete Zuzug von osteuropäischen Arbeitskräften, der in diesen Tagen genau ein Jahr lang erlaubt ist, nicht zu einer Überflutung des Arbeitsmarktes geführt hat, im Gegenteil: Mancher Mittelständler baut extra dort auf, wo die Arbeitskräfte sind und bleiben wollen, in Polen oder Tschechien oder wo auch immer. Die Wirtschaftsforscher der DZ BANK konstatieren „gute Laune im Mittelstand“, was schon fast unanständig klingt. Die Geschäftserwartungen bessern sich zusehends und von der amtlich festgestellten Rezession in Euroland lässt sich in diesen Kreisen niemand erschüttern. Es wäre schön, wenn es so wäre und vor allem so bliebe. Denn in der Tat ist jenseits aller Klischees die mittelständische Wirtschaft der Zweig, welcher es herausreißen kann, und fernab jedes Konkurrenzgedankens wünschte man so manchem Euro-Partner ein derartiges Fundament. Interessant nämlich an den Umfragen und Studien ist vor allem, dass bei kleineren Unternehmen die Zuversicht groß ist, dass sie mit der Unternehmensgröße jedoch abnimmt, Gleiches gilt für die Bereitschaft, neue Leute einzustellen. Daraus kann man schließen, dass in diesen Zeiten mancher gern auf Sicht fährt, und das geht um so flexibler, je übersichtlicher eine Organisation ist. Fast 90% dieser Firmen sehen sich in einer guten bis hervorragenden Situation, da kann man sich wirklich mal die Augen reiben: Ringsum sinkt alles in Trümmer und hier wird gefeiert? Ganz so ist es ja nun nicht. Aber wenn man gerade in solchen Zeiten sich auf Tatkraft, auf eigenes Können konzentriert, dann ist das eine der Eigenschaften der mittelständischen Wirtschaft, die uns schon so lange zugutegekommen sind. Da ist man durchaus geneigt, auch mal dem ein oder anderen Wehklagen zuzuhören – wenn denn das Ergebnis weiter stimmt.