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Nach der Rettung - Krise?

Nun hat sich Portugal nicht länger geziert und sich dem europäischen Rettungssystem für Schuldenkrisenländer unterworfen – und dennoch hört die Kritik nicht auf und die Krise offenbar auch nicht. Die Aufschläge auf die Anleihenzinsen wurden zunächst nicht weniger, ein Phänomen, das man auch bei den Hilfsaktionen für Griechenland und Irland beobachten durfte. Woran liegt das?

BÖRSE am Sonntag

Nun hat sich Portugal nicht länger geziert und sich dem europäischen Rettungssystem für Schuldenkrisenländer unterworfen – und dennoch hört die Kritik nicht auf und die Krise offenbar auch nicht. Die Aufschläge auf die Anleihenzinsen wurden zunächst nicht weniger, ein Phänomen, das man auch bei den Hilfsaktionen für Griechenland und Irland beobachten durfte. Woran liegt das?

Zum einen: Das Rating für solche Schuldnerländer bessert sich natürlich nicht, wenn eine Staatengemeinschaft Feuerwehr spielt und mit einem großen Geldkoffer anreist. Allenfalls die Aussicht auf Erfüllung harter Auflagen in Zusammenhang mit der Geldspritze kann die Rating-Agenturen da womöglich milder stimmen, aber dies auch erst nach einigen Anzeichen der Besserung, also nicht so schnell. Gerade Portugal, das ja eine veritable Regierungskrise im Zuge der dringend notwendigen Reformen erleben musste, hat es da nicht leicht, Vertrauen auf den Märkten zurückzugewinnen. Warum sollte eine nach dem 5. Juni neu gewählte Regierung es leichter haben, schmerzhafte Prozesse durchzusetzen, wenn es die bisherige nicht konnte? Möglicherweise hilft da aber die Rettungsaktion des europäischen Mechanismus: Es dürfte den widerstreitenden Parteien und Interessengruppen leichter zu vermitteln sein, dass man für bares Geld auch etwas bieten muss, als es das war, um Rettungsgeld erst einmal gar nicht annehmen zu müssen – bei Letzterem ging noch um Stolz, bei Ersterem geht nun um blanke Not. Wie kompliziert eine dauerhafte Genesung des Landes werden wird, lässt sich erahnen, wenn man nur einmal durch die Straßen Lissabons zieht. Es gibt keine europäische Metropole, schon gar keine mit einer solch glorreichen Geschichte, die dermaßen den Eindruck von Dritter Welt hinterlässt. Längst sind es nicht mehr pittoresk alternde Gebäude, die den Touristen ins Schwärmen bringen, oder eine Vielzahl alter Straßenbahnen, die es locker auf jede Postkarte schaffen – es ist schlichtweg reiner Verfall, der vom morbiden Charme bald nur noch das Morbide hat. Mit ein Grund für heruntergekommene Stadtviertel und vernagelte Jugendstilbauten ist ein seltsames Gesetz, das kaum eine Chance hat, jemals abgeschafft zu werden: Es begrenzt die erzielbaren Mieten, verbietet Mieterhöhungen dauerhaft. Logische Folge: Wo nur ein paar Cent pro Quadratmeter zu erzielen sind, lohnt sich nicht die geringste Modernisierung. Das benachteiligt die örtliche Bauindustrie und die Handwerkerschaft und zieht so viele negative Begleiterscheinungen nach sich, dass die Folgekosten für den Staat horrend sind. Wenn es einen gordischen Knoten gibt, der durchschlagen gehört, dann ist es dieser. Mit einem einzigen Reformschritt ließe sich da ein regelrechter Big Bang entfesseln – allein, es wird dafür keine Mehrheiten geben. Denn materielle Not, einstürzende Altbauten und weitreichende Kritik haben es ja bisher schon nicht zu ändern vermocht. Das wäre mal ein Erlebnis, dass der Rettungsfonds in diesem Sinne wirklich etwas rettet.

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