Panik jetzt!
Die deutsche Autoindustrie meldet ungebrochene Nachfrage. Die Chemieindustrie ist insgeheim nicht unglücklich, dass sich das übertriebene Wachstum in China etwas abschwächen dürfte, denn man kommt gar nicht mehr nach. Dem Maschinenbau geht es ähnlich und weiterhin sagen Firmenchefs aus dem Bereich, dass sie jeden qualifizierten Ingenieur einstellen würden, fänden sie ihn denn nur. Die Finanzmärkte allerdings bilden zur gleichen Zeit ein Paralleluniversum. Da regiert die Panik, die tiefsitzende Furcht vor der Rezession in den USA und auch in Europa. Von der ungelösten Schuldenkrise weltweit ganz zu schweigen.
Die deutsche Autoindustrie meldet ungebrochene Nachfrage. Die Chemieindustrie ist insgeheim nicht unglücklich, dass sich das übertriebene Wachstum in China etwas abschwächen dürfte, denn man kommt gar nicht mehr nach. Dem Maschinenbau geht es ähnlich und weiterhin sagen Firmenchefs aus dem Bereich, dass sie jeden qualifizierten Ingenieur einstellen würden, fänden sie ihn denn nur. Die Finanzmärkte allerdings bilden zur gleichen Zeit ein Paralleluniversum. Da regiert die Panik, die tiefsitzende Furcht vor der Rezession in den USA und auch in Europa. Von der ungelösten Schuldenkrise weltweit ganz zu schweigen.
Der krasse Gegensatz zwischen der Realität in den Unternehmen und den Erwartungen der Börsianer ist denn auch das Auffälligste an der Achterbahnfahrt der Börsen mit Kurseinbrüchen von 7% an einem einzigen Tag, der Vernichtung von Milliarden an Anlegergeldern und der Verunsicherung der Kleinaktionäre. Denn deren Meinung ist gar nicht erst gefragt – es geht eher nach dem Motto: Wenn Elefanten zum Tanz bitten, sollte das gewöhnliche Getier lieber in Deckung bleiben. In großem Maßstab bestimmen computergesteuerte Kauf- und Verkaufsprogramme den Handel, die zwar überaus kluge mathematische Formeln verwenden, um in Mikrosekunden Gewinne einzufahren oder Verluste zu begrenzen, die aber den Börsen und vor allem dem Publikum unter dem Strich erheblich schaden können. Der plötzliche Absturz des Dow-Jones-Index im Mai 2010 war mit Sicherheit zunächst auf Fehleingaben und dann den automatisierten Handel zurückzuführen – die krassesten Verluste musste die Börse anschließend den verunsicherten Anlegern zurückerstatten. Damit lässt sich eine Aktienkultur nicht aufbauen und auch nicht erhalten. Nach den neuesten Zahlen des Deutschen Aktien-Instituts hielten 8,3 Mio. Deutsche Aktien oder Fonds – im ersten Halbjahr. Die Zahl dürfte sich angesichts der Unsicherheit an den Märkten inzwischen wieder deutlich verringert haben. Privatanleger neigen dazu, bei Schwächephasen zu verkaufen – das oft empfohlene antizyklische Verhalten ist des normalen Bürgers Sache nicht, denn neben guten Nerven braucht man auch ein gewisses finanzielles Polster oder die Gelassenheit des wohlhabenden Menschen, der da sagt, Gott hat’s gegeben, Gott hat’s genommen. Eher genommen, dieser Tage. Bedenklich ist in der Tat, dass die hohen Verluste an den Börsen, aber auch die Schwankungsbreite dazu führen könnten, dass die Realwirtschaft tatsächlich leidet: Die Vermögensverluste der Anleger dürften irgendwann den Konsum dämpfen; die Unternehmen finden in diesem Börsenumfeld keine Basis für Kapitalerhöhungen und Start-ups werden sich hüten, jetzt einen Börsengang zu wagen. Eine Lähmung der Wirtschaft wäre im Extremfall die Folge, und damit würde sich die Prophezeiung der Märkte fast von selbst erfüllen. Die hohen Kursausschläge sollten also Gelegenheit sein, über sinnvolle Begrenzungen des Handels nachzudenken oder die erklärten Zocker in ein Segment ihrer Wahl zu verschieben, wo der Schaden beschränkt werden kann. Ein frommer Wunsch wahrscheinlich – einstweilen heißt die Devise: Panik jetzt!