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Preis und Nutzen - ein Tabu

Immer mal wieder kommen vernünftige Ideen auf, deren Zeit aber noch nicht gekommen ist – oder deren Nutzen das sogenannte gesunde Volksempfinden nicht erkennen kann, denn die Grundsätzlichkeiten der Ökonomie werden gern ausgeblendet (passt nicht in den Kram) oder schlichtweg abgelehnt („Ökonomisierung“ ist ein beliebtes Totschlagargument von Gutmenschen jeder Couleur).

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Ein Reizthema ist beispielsweise die sinnvolle Neuorganisation im Gesundheitswesen: Da werden, zum Beispiel von einer WDR-Journalistin, ganze Bücher geschrieben, weil man eine ungute Erfahrung machen musste; angepasst an das eigene Weltbild reicht es dann, um bedauerliche Arztfehler und Krankenhaus-Organisationsmängel ideologisch zu überhöhen und einen gedanklichen Kurzschluss zu zünden: Weil es in den Krankenhäusern ja so viel Streben nach Wirtschaftlichkeit gibt, steht der Patient nicht mehr im Mittelpunkt. Dass in unökonomischer Organisationsweise jemand die unnötig hohen Kosten begleichen muss (könnte es sein, dass es völlig Unbeteiligte sind? Steuer- und Beitragszahler, die nicht gefragt werden?), kommt im Weltbild nicht vor. Dass in maroden Krankenanstalten der Patient vielleicht (aber auch nur vielleicht) netter angesprochen wird, aber seine Lebenserwartung sich dadurch eher nicht verbessert, ist natürlich kein Thema. Wie gesagt, wenn irgendwo Geld fehlt, muss man nicht besser wirtschaften – sondern es einfach jemandem wegnehmen: Problem gelöst. Ähnliches begleitet die Diskussion um den Straßenzustand der Republik seit Jahren. Immer mal wieder werden verschämt Ideen laut, die keine Konjunktur haben, aber zielführend wären: wenn jemand rechnen könnte. Deutschland zerbröselt, lautet die aktuelle Bestandsaufnahme vielerorts, an Brücken und Fahrbahnen frisst der Zahn der Zeit und Verkehrsminister sind offenbar nicht hilfreich, ihn zu ziehen. Das Münchener ifo Institut, auch so ein Laden, in dem es sehr ökonomisch zugeht, hat eine alte Idee mit neuem Elan versehen und die Idee war schon immer gut und wird täglich besser: Maut, so heißt sie. Für die Benutzung von Gütern muss bezahlt werden, anders geht es nicht. Warum aber der Steuerzahler? Warum eine Kraftfahrzeugsteuer, deren Erlös ja nicht zweckgebunden sein kann? Eine Straßengebühr für Pkws würde von allen Nutzern bezahlt, auch Transitreisenden, die von Nord nach Süd schon Umwege fahren, nur um einen Teil der Strecke auf den kostenlosen deutschen Autobahnen zurückzulegen. Das ifo Institut sieht in der Kostenlosmentalität auch den Hauptstauverursacher: Zum einen durch den maroden Straßenzustand mit vielen Reparaturbaustellen, zum anderen durch gedankenlose Übernutzung des Angebots: „Auf den Straßen herrscht das kommunistische Prinzip, dass knappe Waren nicht über Preise, sondern Warteschlangen zugeteilt werden.“ Natürlich wird trotzdem bezahlt: Die Staus auf deutschen Autobahnen kosten jährlich 126 Mrd. Euro (ifo-Berechnung; 285.000 Staus im Jahre 2012 mit Zeitaufwand 4,9 Mrd. Stunden). Dieser Verlust an Produktivität steht einem Einnahmesystem gegenüber, das sich bereits europaweit bewährt hat – und Deutschland hätte sogar noch mit den vorhandenen Lkw-Mautsystemen eine elegante Lösung, kein Zeitverlust beim Bezahlen, kein teurer Umbau. Mit Preisgestaltung ließe sich je nach Verkehrsaufkommen und Tageszeit weiter feinsteuern. Wer häufiger von Deutschland über die Grenze nach Frankreich fährt, merkt die Entspannung schon körperlich, die auf der Autoroute herrscht, nach Schilderwald und Rumpelpiste daheim.

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