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Realitätsdämmerung in der Euro-Politik oder wenn die Rausschmeißermusik ertönt

Noch nie ist ein Land mit Kaputtsparen allein saniert worden. Auch in Griechenland begünstigt man damit nur soziale Schieflagen, die auch die Eurozone – mit krokodilstränenhafter Anteilnahme der Rating-Agenturen – nachhaltig in Mitleidenschaft ziehen.

BÖRSE am Sonntag

Noch nie ist ein Land mit Kaputtsparen allein saniert worden. Auch in Griechenland begünstigt man damit nur soziale Schieflagen, die auch die Eurozone – mit krokodilstränenhafter Anteilnahme der Rating-Agenturen – nachhaltig in Mitleidenschaft ziehen.

Wird die Euro-Politik also an ihrem Plan A unbeirrt festhalten, die Griechen entgegen ihren wirtschaftlichen Interessen in der Eurozone zu halten? Nun, diese Betonhaltung scheint von der Realität allmählich zertrümmert zu werden. Nicht nur Hinterbänkler, sondern Politiker von Rang und Euro-Gruppenchef Juncker selbst – der Hohepriester der europäischen Einheitsbewegung – sprachen zuletzt auffällig häufig von der Verkraftbarkeit einer griechischen Pleite bzw. eines Euro-Exodus. Politiker, die ihre Worte gemeinhin auf die Goldwaage legen, sind ja nicht gezwungen, sich auf diese Weise zu offenbaren.

Der verbalerotischen Wegbereitung scheinen auch Taten – Plan B – zu folgen. Man arbeitet mit Hochdruck an einer professionellen Intensivstation, die im Falle eines hellenischen Exodus eine stabile Seitenlage für die restliche Eurozone garantieren soll. Warum sonst wird der deutsche Bankenrettungsschirm SoFFin wiederbelebt oder der Rettungsschirm zum Rettungszelt? Und die EZB? Sie läuft mittlerweile der Fed ihren Rang als Mutter aller Liquiditätsschlachten ab und hat sich wohl als Soundtrack „Nur noch kurz die Welt retten“ von Tim Bendzko zugelegt. Und diese Wassermusik von Draghi zeigt tatsächlich ihre aphrodisierende Wirkung auf die Rentenmärkte in Spanien und Italien: „Risikoaversion komm raus, du bist umzingelt.“

Wann könnte es nun zum kontrollierten Austritt Griechenlands kommen? Merkozy werden zunächst noch die französischen Präsidentschaftswahlen im April abwarten. Im Sommer aber, wenn die Intensivstation komplett eingerichtet ist, könnte Griechenland von der Fahne gehen.

Griechenland muss so oder so eine Ochsentour durchlaufen. Aber durch die Befreiung vom Euro-Korsett gäbe es wieder eine Perspektive. Denn erst mit gesteigerter Wettbewerbsfähigkeit fällt ein Marshall-Plan der EU auf fruchtbaren Boden. Und private Investoren werden dann gerne einen zweiten Blick auf die attraktive Lage des Landes als Plattform für den Nahen, Mittleren und Fernen Osten werfen.  

Die Rausschmeißermusik für Griechenland läuft bereits. Aber ich bin mir sicher, dass wir im Nachhinein von Schalmeienklängen reden werden, die die Befreiung der Hellenen von ihrer Perspektivlosigkeit und der Eurozone von ihrem emotionalen Krisenherd eingeleitet haben.