Unheilvolle Rolle
Von den Rating-Agenturen war an dieser Stelle schon hin und wieder die Rede – wenn auch meist am Rande. Ganz allgemein spielen diese Unternehmen in der Medienberichterstattung eine eher untergeordnete Rolle: Zu schwierig scheint das Terrain, zu kompliziert die Erläuterung, wozu man solche Agenturen überhaupt braucht, was sie tun, warum sie es tun oder welchen Einfluss ihre Entscheidungen auf das Alltagsleben der Bürger haben. Es wäre zu wünschen, dass sich dies grundlegend ändert.
Von den Rating-Agenturen war an dieser Stelle schon hin und wieder die Rede – wenn auch meist am Rande. Ganz allgemein spielen diese Unternehmen in der Medienberichterstattung eine eher untergeordnete Rolle: Zu schwierig scheint das Terrain, zu kompliziert die Erläuterung, wozu man solche Agenturen überhaupt braucht, was sie tun, warum sie es tun oder welchen Einfluss ihre Entscheidungen auf das Alltagsleben der Bürger haben. Es wäre zu wünschen, dass sich dies grundlegend ändert.
Denn der Einfluss ist beträchtlich, die Entscheidungen sind in vielen Fällen zumindest fragwürdig und seit der Finanzkrise kann man getrost sagen: Die Rating-Agenturen spielen häufig eine geradezu unheilvolle Rolle und, was am schlimmsten ist, sie halten sich für die Lösung des Problems, das sie selber sind. Rückblende: In der Finanzkrise vergaben die Agenturen Bestnoten („AAA“) für Derivate, die auf wahllos unters Volk gedrückten Immobilienkrediten basierten, von denen viele schon bei der Vergabe eigentlich als uneinbringlich hätten eingestuft werden müssen: Kein Vermögen beim Schuldner, kein Einkommen – nur ein vielleicht maßlos überbewertetes Haus, bis zum First beliehen. Preissteigerungen auf dem Immobilienmarkt führten zu höheren Beleihungsgrenzen, die viele Schuldner zur Aufstockung ihrer Kredite nutzten und damit Verbrauchsgüter kauften. AAA? Hand in Hand mit berüchtigten Geschäftemachern wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley halfen sie mit, das große Rad am Laufen zu halten. Fast ein Treppenwitz, dass Goldman Sachs natürlich besser wusste, wie seine Derivate zu bewerten sind, als jene Agenturen wie Fitch, Standard & Poor’s oder Moody’s. Denn während die Agenturen noch Gefälligkeitsgutachten vergaben, wettete Goldman schon längst gegen die eigenen Produkte und damit gegen die eigenen Kunden. Da sowohl die Investmentbanken als auch die Rating-Agenturen die Krise finanziell äußerst unbeschadet überstanden haben, scheint es Zeit, neue Untaten zu begehen. Im Zusammenhang mit der griechischen Krise plustern sich Moody’s und Konsorten erneut auf und drohen mit der Herabstufung Griechenlands und seiner Anleihen auf Ramsch-, wenn nicht auf völliges Pleiteniveau, sollte es zu einer Umschuldung kommen – auch wenn diese unter Beteiligung privater Gläubiger freiwillig erfolgt. Klar, Griechenland wird auch in den nächsten Jahren Hilfen der Partnerstaaten brauchen und, soll die europäische Öffentlichkeit nicht endgültig in den Protest getrieben werden, auch von privaten Institutionen. Allen sollte man empfehlen, sich ihre eigenen Gedanken über die Einstufung zu machen und die Rating-Agenturen demonstrativ zu ignorieren. Die ziehen ihre Macht aus der sklavischen Abhängigkeit, in die sich die Institutionen begeben haben. Fatal ist es, wenn solche privaten Agenturen über Wohl und Wehe ganzer Staaten entscheiden können, wenn sie Krisen noch verschlimmern und Gutachten abliefern, die das Papier nicht wert sind, auf das sie gedruckt sind. Vor einem Ausschuss des amerikanischen Kongresses redeten sich Manager der Agenturen damit heraus, dass ihre Einstufungen zu den Subprime-Krediten (AAA!) ja nur „Meinungsäußerungen“ gewesen seien. Man sollte sie beim Wort nehmen: Meinungsäußerungen kann man kritisieren, belächeln und – ignorieren.