Urheber des Rechts
Im Wort Urheberrecht steckt das Wörtchen Recht. Das hat Konsequenzen: Das, was in unserem Rechtsstaat (schon wieder Recht) geregelt ist, gilt für alle, und wem es nicht gefällt, dem steht der – ja genau, der Rechtsweg offen. So ist das und häufiger fährt die Bundesrepublik damit besser als schlechter. Mal abgesehen von Justizskandalen allererster Güte, denen auch hierzulande schon Unschuldige ihren Ruin verdanken, lebt es sich besser in einer durch eine unabhängige Justiz geprägten Gesellschaft als in einer irgendwie anderen – die Art und Weise, wie in islamisch geprägten Staaten von der Sorte Pakistans Auseinandersetzungen zwischen Interessen geführt werden, lassen einen frösteln, und die Deutung, was man darf und nicht darf, geht in Staaten dieser Couleur nicht nur notfalls über Leichen.

Völlig jenseits dieser weltweiten Großkampflage hat sich in Deutschland eine merkwürdige Nonchalance gegenüber dem Recht und dem Eigentum aufgebaut. Einige Leute haben ihre Maßstäbe nicht mehr beisammen, wenn es etwa um Urheberrechtsverletzungen geht. Es ist – oder war zumindest – gesellschaftlicher Konsens, dass Plagiate verwerflich sind, dass Diebstahl als Vergehen anzusehen ist. Solange man beklagt, dass chinesische Motorsägen genau wie die von Stihl aussehen, einem aber eher um die Ohren fliegen, passiert einem nichts. Sobald man hingegen meint, ein Autor habe das Recht, über das Schicksal des von ihm Geschriebenen auch zu bestimmen und selbst zu entscheiden, wo es wie veröffentlicht wird, kommt eine angeblich fortschrittliche Netzgemeinde (ist das eigentlich eine religiöse Veranstaltung?) und bestimmt, dass es sich bei geistigen Werken um Allgemeingut handelt, das eigentlich nichts wert ist (wie hoch Allgemeingut bei uns geschätzt wird, kann man schön am Zustand öffentlicher Anlagen bestaunen, wenn Blumenklauer und Eigenmüllentsorger da waren). Von daher ist der Name Piraten für die noch relativ neue, programmfreie, aber überzeugungsstarke Partei gut gewählt. Nicht völlig frei von Häme beobachtet sicher der ein oder andere Dichter und Denker, wie Frau Schramm, die ihr vornehmstes Ziel in der Abschaffung persönlicher Eigentumsrechte sah und angeblich noch sieht, zum Opfer ihrer Gesinnungsgenossen wird, seit sie für einen fürstlichen Vorschuss ein urheberrechtlich geschütztes Werk geschrieben hat. „Klick mich“ gibt es völlig frei zum Herunterladen und das verdirbt die Stimmung bei Verlag und Autorin mal gründlich. Nun ist es nicht völlig schlecht, wenn jemand einmal die eigene Medizin verabreicht bekommt. Aber Recht sollte Recht bleiben und die Online-Ausgabe des Buches ist eben – Piraterie. Genauso bedenklich ist, wenn die GEMA der durchgängig etwas fanatisch wirkenden Internet-Feminismus-Aktivistin Anke Domscheit-Berg auf ihre von jedem Rechtsgefühl unbeleckten Anwürfe zu Urheberabgaben entgegnet, die neue Gebührenstruktur begünstige doch kleinere Musikklubs gegenüber den großen kommerziellen Verbreitern. Was spielt das für eine Rolle, bitteschön? Recht ist Recht und Kleine dürfen nicht dagegen verstoßen, nur weil sie klein sind. Und sogar beim „Cicero“-Magazin ist man reichlich durcheinander, wenn man konstatiert, nun „sind nicht mehr Institutionen, sondern Individuen zum Abschuss freigegeben – und damit Menschen. Ob das im Sinne der Urheberrechtsgegner war?“ Ja, darf man Institutionen (die Menschen beherbergen, oder?) denn zum Abschuss freigeben? Es wird höchste Zeit, die dünne Schicht der Zivilisation auf dem Raubtier Mensch etwas zu verstärken.