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Wenn das Internet als webbasiertes Servicemodul und die reale Welt zusammentreffen, geht es oft hart zu. Der Kampf der Kulturen findet dauernd statt und in der Logistikbranche mit ihrer zwangsläufigen, unvermeidlichen Verbindung zum privaten Kunden (vulgo: Paketempfänger) bleibt da oft kein Auge trocken. Zu den vorgefertigten unflexiblen Stanzen im Internet-Angebot der Dienstleister kommen als weiteres Katastrophenelement häufig noch deren Callcenter ins grausame Spiel und dann rast die Maschine und der Kunde tobt.

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Es geht ja meist nur darum, dass ein Paket vom Absender A zum Empfänger B zu gelangen hat, idealerweise einfach nur inländisch. An dieser Aufgabe scheitert spektakulär aus Sicht Ihres Autors der Versender H. Schwachpunkt scheint die Auswahl einiger Fahrer zu sein, die als Stoiker eine große Karriere vor sich hätten, als flexible Könner eher nicht so. Die Aufgabe, einer vorliegenden Regelung nachzukommen („bei Abwesenheit bitte Sendung hinter dem Haus an die Außentreppe legen“, schriftlich bevollmachtet mit Firma H.), scheint unlösbar. Nach zwei Benachrichtigungen im Briefkasten bleibt man besser einfach zu Hause. Callcenter half nicht, Internet-Kontakt-Formular stürzt ab, löscht allen Text, dann klappt das, aber geht offenbar ins Nirwana. Firma U. hat sich etwas Geniales einfallen lassen: Das System „InfoNotice“. Mächtig stolz und modern mit Großbuchstaben überraschend mitten im Wort, das ist schwer in, überall von „BestKonto“ bis „HallenBad“. Bei U., da kann man eine SMS bekommen, wenn das Paket sich nähert. Super, da stellt man die Lauscher auf und die Klingel laut und passt auf. Nur: Paket wollte um 14.00 oder so wohl kommen, da steht es krakelig auf dem – richtig, dem Benachrichtigungszettel im Briefkasten. SMS kommt aber um 16.00, dann noch öfter mal bis etwa 23.00 abends. „Drücken Sie Ja oder Halt“ steht immer dabei. Muss man erwähnen, dass es völlig egal ist, was man drückt? Wo ist die „Geh endlich weg“-Taste? Schwamm drüber. Das Callcenter – oder CallCenter – der Firma D. nimmt eine Beschwerde („Warum wurde mein Paket in eine Filiale umgeleitet, wo es doch die Ablagevollmacht gibt? Und warum ist es am folgenden Tag dann doch nicht in der Filiale?“) gnädig entgegen. Man werde was tun. „Wie denn“, frage ich, „ich habe Ihnen doch noch gar nicht meine Daten gegeben?“ „Macht nichts, ich sehe hier Ihre Telefonnummer auf dem Display.“ Nun gut, Nirwana eben: Nie wieder etwas davon gehört. Das Paket stand überraschend am nächsten Tag dann doch vor der Tür. Nun muss man zugeben: Es ist auch nicht ganz einfach. Versandapotheken erlauben nur die persönliche Abgabe einer Sendung, und in dieser Hinsicht verhält sich etwa auch der Lieferservice von Apple wie eine Apotheke. Das gibt zu denken. Die Logistikfirmen G. und F. kommen gut davon, denn die haben kaum einen Marktanteil. Was für ein Glück!

Klar, die Fahrer werden schlecht bezahlt, die Callcenter-Leute auch, aber das ist vielleicht ein Zeichen für das Ende der Fahnenstange: Nur billig ist halt echt teuer. Der Kunde würde wohl gern mehr zahlen, wenn er nicht Stunden mit der Organisation des Paketverarbeitens zubringen müsste. Und dann könnte man Leute beschäftigen, die gut arbeiten und dafür ordentlich entlohnt werden. Da gibt es eine riesige Marktlücke: Der von früher bekannte Postzustelldienst, garantiert mit echten Menschen und Kontakt zu einem Mitarbeiter nicht in Irland, sondern in Ihrer Nachbarschaft. Man kann ja, was früher einfach nur normal war, heute modisch „PreMium SerVice“ nennen, meinetwegen. Hauptsache, nichts davon läuft online. Und dann her mit der Logistiker-Aktie!

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