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Wie politisch wird die Börse?

Winfried Kretschmann hatte gewarnt, man dürfe den Mittelstand nicht “unzumutbar belasten”. Eine Vermögenssteuer sei “sehr problematisch”. Der Ministerpräsident Baden-Württembergs wollte seine Partei von einem Linksruck abhalten und massive Steuererhöhungen verhindern. Eindringlich, aber vergebens. Gegen den Linksökologen Jürgen Trittin hatte er keine Chance. Nun haben die Grünen ein Wahlprogramm, das den Mittelstand frontal attackiert.

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Zusammen mit den Plänen der SPD würden über höhere Steuern auf Einkommen, Vermögen und Erbschaften rund 30 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich eingenommen. Damit droht Deutschland die größte Steuererhöhung seiner Geschichte. Da Rot-grün obendrein Bescherungen wie hohe Mindestlöhne, eine Solidarrente, eine neo-sozialistische Einheitsversicherung und neuen Abgaben für Finanzmarktakteure plant, rumort es im deutschen Mittelstand und unter Anlegern. Und immer mehr Börsenanalysen aus Übersee warnen vor dem Risiko eines Regierungswechsels in Deutschland.

Vor allem die neue Substanzbesteuerung macht Unternehmern Sorge. Dabei hat der deutsche Staat schon jetzt so hohe Steuereinnahmen wie nie zuvor. Jahr für Jahr erreichen sie Rekordhöhen. Und der Mittelstand trägt die Hauptlast. Er ist aber auch der Hauptgrund, warum Deutschland so gut durch die Krise kommt. In keinem anderen Land erreichen familiengeführte Unternehmen einen Anteil von über 90 Prozent an der Wirtschaft. Sie aber würden mit der Enteignungspolitik gezielt geschwächt.

Mehr als drei Viertel der Deutschen sind der Meinung, dass der Staat über genug oder gar zu viel Einnahmen verfügt. Dass ausgerechnet die Grünen diese Ansicht so gar nicht teilen, ist Ausdruck ihrer eigenen Unsicherheit. Die Grünen sahen mit der großen Ökologisierung der Gesellschaft bis hin zum Atomausstieg ihre Mission eigentlich als erfüllt an. Sie hätten also eine interessante Volkspartei neuen Stils werden können, so wie das Winfried Kretschmann wollte: wertkonservativ-offen, öko-bürgerlich, mittelstandsfreundlich.

Tatsächlich haben sie sich aber für die grimmige, alt-linke Variante entscheiden. Trittin ist nicht nur als Person in das Macht-Vakuum der Nach-Joschka-Fischer-Zeit gestoßen und hat die süddeutsch-bürgerlichen Grünen marginalisiert. Er hat auch das programmatische Vakuum mit einem gezielten Linksruck gefüllt. Nun ist es wie bei einem sympathischen Gastwirt, der seine Gäste satt gekocht hat und plötzlich geifernd beginnt, ihnen dreist an die Portemonnaies zu grabschen.

An der Börse jedenfalls werden die Wahlen zusehends zum Thema. Bleibt Merkel Kanzlerin, ob mit einer Großen Koalition oder mit den Liberalen, scheint Entspannung angesagt. Sollte aber eine linke Regierung übernehmen oder die eurokritische AfD eine Schlüsselrolle bekommen, dann kann es an den Kapitalmärkten rasch wild werden. Wenn Deutschland als Stabilitätsanker Europas unsicher würde, dann verlören viele global agierende Investoren die Lust am ohnehin schwierigen, alten Kontinent. Ab sofort gehört die Wahlumfrage mit ins Blickfeld der Anlageentscheidung.

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