Zeitenwende
Was man in Seoul dieser Tage beobachten kann, beim G-20-Gipfel der wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer, ist nichts weniger als eine Zeitenwende. Dieses Treffen in der südkoreanischen Hauptstadt wird mit Sicherheit eines Tages als eine Zäsur betrachtet werden: Irgendetwas hat sich verändert und tritt hier nun zutage – man weiß noch nicht, mit welchen Folgen, aber es ist da.

Was man in Seoul dieser Tage beobachten kann, beim G-20-Gipfel der wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer, ist nichts weniger als eine Zeitenwende. Dieses Treffen in der südkoreanischen Hauptstadt wird mit Sicherheit eines Tages als eine Zäsur betrachtet werden: Irgendetwas hat sich verändert und tritt hier nun zutage – man weiß noch nicht, mit welchen Folgen, aber es ist da.
War schon bisher häufig die Rede davon, dass sich die Gewichte auf der Welt verschieben, hier wird es deutlich. Und interessanterweise ist es nicht nur China, das im einstmals ausgerufenen „asiatischen Jahrhundert“ mächtig vorwärts strebt, nein es sind auch andere. Erkennbar ist, wer es nicht ist: die USA. Amerika tritt auf wie ein verzogener Junge, aufstampfend und laut, aber man ahnt, dass die Ausbrüche keine Folgen mehr haben werden. Es fing an mit den versuchten Angriffen auf Europäer, Chinesen und Japaner wegen ihrer Exportpolitik und hörte nicht auf mit den ernst gemeinten, aber kaum ernst zu nehmenden Vorschlägen nach Exportquoten. Was verstört, ist die Tatsache, dass die USA offenbar bereit sind, stets laut nach außen vertretene Ziele einfach über Bord zu werfen, wenn es dem vermeintlichen eigenen Interesse dient: hier das Credo vom weltweiten ungehinderten Handel, dort das von demokratisch legitimierter Finanzpolitik. Selbst amerikanische Ökonomen geben Warnungen aus davor, dass ja die US-Zentralbank in Wahrheit dieser Tage das Finanzministerium sei: nicht weit hergeholt, steuert man doch dort die Geldmenge und – so hofft man – die Konjunktur. Interessanterweise raunen Vertreter der US-Delegation über Chinas Wettbewerbsvorteil, der darin bestehe, dass man zentralistisch Vorgaben mache und diese gehorsam umgesetzt würden. Das ist richtig. Einen Staudamm baut man dort schneller und rigoroser als etwa in Deutschland einen Bahnhof. Ob dies aber China letztlich einer Demokratie überlegen erscheinen lässt, ist doch sehr fraglich. Immerhin haben Länder wie Deutschland mit einer gegenüber China geradezu winzigen Bevölkerung ihren Platz im Welthandel gefunden. Kein Argument also, dass die USA ihren nur aufgrund solcher Prozesse verlieren müssten. Es sind politische Ungeschicklichkeiten, die den Eindruck verfestigen, Washington kämpfe irgendwie mit dem Rücken zu Wand. Vielleicht fällt dies aber nicht nur amerikanischen Ökonomen, sondern auch dortigen Politikern auf. Den wirksamsten Dienst, den auch Staatsverächter ihrer Heimat leisten könnten, wäre ein Ende der Blockade im Innern. Und zornige Bewegungen haben den Niedergang einer Nation noch nie aufhalten können in der Geschichte. Wer nicht die Nummer 1 ist, hat auch Vorteile: China wird, je stärker es sich entwickelt, immer mehr unter Beobachtung stehen, merklich auch vonseiten asiatischer und südamerikanischer Schwellenländer. In diesem Kreis Verbündete zu suchen, wäre für Europäer und auch die USA eine gute Idee. Besser jedenfalls, als den weltweiten Wohlstand zu gefährden und aus purem Egoismus eine Weltfinanzkrise 2.0 zu riskieren.