Zukunft Europa?
Die US-Notenbank (Fed) öffnet sämtliche Schleusen und verspricht notfalls einen Dammbruch, wenn die amerikanische Konjunktur nicht endlich anzieht. Ist das nun ein Versprechen oder eine Drohung? Die Vernunft vermutet Letzteres, die Aktienmärkte haben sich für das Erstere entschieden. Auch wenn es zum Wochenschluss noch einen kleinen Dämpfer für die Freunde des gepflegten Aktienhandels gab – die Börsen sahen sich reich beschenkt.
Die US-Notenbank (Fed) öffnet sämtliche Schleusen und verspricht notfalls einen Dammbruch, wenn die amerikanische Konjunktur nicht endlich anzieht. Ist das nun ein Versprechen oder eine Drohung? Die Vernunft vermutet Letzteres, die Aktienmärkte haben sich für das Erstere entschieden. Auch wenn es zum Wochenschluss noch einen kleinen Dämpfer für die Freunde des gepflegten Aktienhandels gab – die Börsen sahen sich reich beschenkt.
Wenn die Konjunktur anzieht, reichen die 600 Mrd. Dollar Spielgeld der Fed sicherlich aus, notfalls gibt es einen Nachschlag. Entscheidend werden die Arbeitsmarktdaten sein, aber natürlich auch die Unternehmensgewinne. Da hat General Motors schon mal vorsichtige Hoffnung gemacht. Es könnte aber eine trügerische sein, denn das viele Geld aus dem Staatssäckel entfaltet ganz seltsame Wirkungen, zumeist unerwünschte. Die Brachialkur für die US-Wirtschaft verhindert nämlich, dass man dort in sich geht und endlich das tut, was lange überfällig ist: die Modernisierung der Unternehmen anzugehen. Wer sich Industriebrachen in den amerikanischen Großstädten ansieht, mag erschüttert sein –, wer sich die tatsächlichen Produktionsbedingungen und Fabriken ansieht, leider aber auch.
Abseits der Vorzeigewerke meint man, auf Zeitreise zu gehen, und zwar rückwärts. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur anerkanntermaßen noch viel mehr bräuchte als 600 Mrd., die sie aber nicht hat. Allein das Abwassersystem müsste grundsaniert werden und wer tagelange Stromausfälle hinnehmen muss, sobald nur ein kräftiger Wind weht, sollte eigentlich ein Interesse an Modernisierung haben. Das Geld der Fed allerdings ist allein eine Sanierung des Finanzsektors, der schon wieder kräftig genug ist, die Opfer seiner eigenen miesen Geschäfte mit Zwangsversteigerungen zu verfolgen –, aber das ist ein anderes Thema. Zudem haben die Gegner aller staatlichen Leistungen, die Tea-Party-Gänger mit ihrem überschaubaren Weltbild, Oberwasser und das heißt: Reale Fortschritte sind nicht geplant. Der einzige aus US-Sicht positive und insgeheim wohl beabsichtigte Effekt ist eine Verwässerung des Dollar-Kurses – und von daher ein Schlag gegen China und seine Geldreserven in US-Währung. So also muss man konstatieren: Amerika kämpft, aber leider an einer falschen Front. Sicherlich wird sich die Weltsupermacht dennoch nicht so schnell verabschieden, doch der eingeschlagene Weg führt genau dahin. Hätte Europa die Kraft, einen Teil der Lücke zu füllen oder wird Asien übergangslos Weltmeister aller Disziplinen? Nicht so leicht zu beantworten. Europa und besonders Deutschland erweisen sich gerade in diesen Tagen als hartnäckig überlebensfähig: Innovation und Technik gleichen viele Mängel aus. Wenn man sich nun auch noch auf gemeinsame Ziele einigen könnte, statt kleinstaaterisch Streitigkeiten zwischen Alstom und Siemens, ACS und Hochtief zu zelebrieren, wäre die Zukunft eine andere. Denn auch wenn Asien aufholt, China nicht mehr nur Werkbank, sondern Ingenieurbüro des Westens wird –, auf manchen Gebieten wird sich der Vorsprung halten lassen. Man stelle sich ein vorwärtstreibendes Amerika zusammen mit einem einigen Europa vor –, das wäre schon so ziemlich das Schlaraffenland. So aber machen die Schlaraffen bald Dauerferien in Fernost.