Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Analysen >

6. Dezember, Nikolaustag!

<strong>Michael Blumenroth</strong>, Edelmetallh&auml;ndler der Deutschen Bank

BÖRSE am Sonntag

Michael Blumenroth, Edelmetallhändler der Deutschen Bank


Da werden Erinnerungen an die Kindheit wach, an das Putzen meiner fellgefütterten Kinderstiefel in der Hoffnung, dass sich Süßigkeiten dort hinein verirren, an das gespannte Warten, ob sich dieser Wunsch denn auch erfüllte. Als ich noch im vorpubertären Alter war, in dem man mich mit so etwas beeindrucken konnte, hatten meine Eltern sich wohl ein Zubrot verdienen wollende Studenten für einen Kurzbesuch vermitteln lassen, die dann im Doppelpack auftraten.

Einer war der Nikolaus, der andere ein mit Ruß im Gesicht bemalter Knecht Ruprecht – so hieß der Geselle bei uns im Rheinland – der mit einer dicken Reisigrute bewaffnet war, die er uns Kindern – finster musternd – drohend schwang. Diese Rute drohte beständig Bekanntschaft mit meinem Hinterteil zu machen, da für gewöhnlich die Liste meiner Verfehlungen, die ich so im Laufe des Jahres begangen hatte – und über die die beiden Kerle erstaunlicherweise genau Bescheid wussten – ziemlich lang war. Gleichgültig, irgendwann war ich dann reif genug, das unwürdige heuchlerische Spiel zu durchschauen. Spätestens, nachdem Nikolaus und Knecht Ruprecht mit einer leichten Alkoholfahne einritten und sich so als gewöhnliche Sterbliche demaskierten, und nachdem ich mit behändem Griff den angeklebten Rauschebart abgerissen hatte, war der Glaube an den Nikolaus bei mir passé.

Nichtsdestotrotz – gäbe es den guten Herrn mit dem Sack voller Spielzeug und Süßigkeiten wirklich, dann hätte sich dieses Jahr mein goldenes Lieblingsmetall den ganzen Sack voll verdient! Und zwar, ohne etwas abgeben zu müssen! Hatten wir am Jahresanfang noch Kurse von ca. 800 USD/Unze, und drohte mir damals eine Entmündigung und die Bestellung eines Vormundes wegen erwiesener geistiger Unzurechnungsfähigkeit, als ich Kurse deutlich über 1.000 USD/Unze fürs Jahresende prognostiziert hatte, so wundert sich heute niemand mehr, dass Gold gar über 1.200 USD/Unze gehandelt wird, und keine Prognose kann so gewagt und unwahrscheinlich sein, als dass nicht dennoch jemand daran glauben würde. Selbst 3.000 USD wurden schon ausgerufen, warum nicht gleich eine Phantastillion? Dennoch, ich habe selten eine Rally gesehen, die so geordnet und ruhig und ohne Panik abgelaufen ist, wie den 20%-Sprung, den Gold in den letzten 3 Monaten gemacht hat. Wie wir Händler so sagen, The sky is the limit.“ Die Begeisterung fürs Gold lässt sich auch daran ablesen, dass eines unserer Zertifikate mit der Wertpapierkennnummer – und jetzt bitte ich alle Minderjährigen, das Lesen dieser Kolumne sofort (!) abzubrechen – DB0SEX (ich schäme mich aufrichtig für diese WKN, der Verantwortliche wird immer noch täglich von mir zur Selbstgeißelung mit der neunschwänzigen Katze gezwungen) zum Zertifikat des Jahres gewählt wurde, eine Auszeichnung, die allein dem gelben Metall gebührt. In dem Sinne geht die Rute dieses Jahr an die General-Motors-Aktie oder an die Hypo Real Estate, der Sack mit den Geschenken gebührt dem Gold! Leider ist meine Kristallkugel im Moment in der Reparatur, und Kaffeesatzleserei ist mir zu unseriös, aber ich könnte mir vorstellen, dass das Gold weiter glänzen wird und wir weiter Spaß dran haben werden, sofern uns die Schweinegrippe nicht alle vorher hinwegrafft!