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„Fallen Angels“ sind eine Sünde wert - höhere Renditen mit ausgesuchten Hochzinsanleihen

Den gefallenen Engel beurteilen Literatur und Theologie bemerkenswert unterschiedlich. Von Miltons „Paradise Lost“ über Goethes „Faust“ bis hin zu Thomas Manns „Zauberberg“ hat er als „Lichtbringer“ (so die direkte Übersetzung des Namens Luzifer) eigentlich eine gute Presse. Die Kirchenväter hingegen lassen wenig Gutes an ihm. Einig sind sich aber alle, dass er gut mit Geld umgehen kann. Im „Faust II“ saniert er den Haushalt des Kaisers und bei Milton gelingt ihm sogar mithilfe des Mammons das Comeback ins Paradies, wo er dann mit einem Apfel Eva verführt.

BÖRSE am Sonntag

Auch an der Börse ist nach dem Höllensturz nicht aller Tage Abend. Als „Fallen Angels“ werden dort Zinstitel bezeichnet, die ihren Status als sicheres Investment eingebüßt haben. Dies geschieht immer dann, wenn ihre Bonität unter die Note BBB– rutscht. Die Anleihen verlieren dann ihren Investment-Grade-Status und werden gerne auch als „Schrott“ oder „Junk“ tituliert.

Derartige Herabstufungen haben empfindliche Kurseinbußen zur Folge. Denn sobald ein Depottitel in den spekulativen Bereich abrutscht, trennen sich institutionelle Investoren von ihm. Vor allem die weitverbreiteten passiven Investment-Grade-Indexfonds drücken in solchen Situationen rücksichtslos auf den Verkaufsknopf. Zurück bleibt ein gefallener Engel, dessen Börsennotiz das fundamental gerechtfertigte Niveau häufig deutlich unterschreitet. Diese Situation bietet Chancen. Denn einem gefallenen Engel bleibt das Paradies nicht automatisch für alle Zeiten verschlossen. Nach unseren Recherchen gelingt sogar jedem dritten „Fallen Angel“ der spätere Wiederaufstieg in die erste Investment-Liga, was Kursgewinne nach sich zieht.

„Fallen Angels“ lohnen aber noch aus weiteren Gründen. Die Bonds bieten attraktive Renditen. Für die spätere Rückzahlung des Kapitals bürgen zumeist etablierte Großkonzerne mit Substanz. Das Volumen der Papiere liegt über dem Durchschnitt des Hochzinssegments. Außerdem ist ausreichendes Research-Material verfügbar. All dies gewährleistet, dass Anleiheinvestoren die gefallenen Engel aufmerksam beobachten. Hieraus resultieren fairere Kurse, ein liquiderer Handel und geringere Spreads als bei vergleichbaren Zinstiteln.

Genau genommen handelt es sich bei den „Fallen Angels“ um das Qualitätssegment im High-Yield-Bereich. Den meisten Bond-Emittenten gelingt es nämlich, nach der Herabstufung ihr relativ gutes BB-Rating zumindest zu verteidigen. Viele andere Hochzinsanleihen weisen von Anfang an eine noch schlechtere Bonitätsnote auf. Die gefallenen Engel kommen denn auch auf wesentlich bessere Ausfallquoten. So tilgten in den Jahren 1981 bis 2011 lediglich 1,4% aller „Fallen Angels“ ihre Verbindlichkeiten nicht. Im Durchschnitt des Hochzinssegments lag die Ausfallquote dreimal so hoch – bei 4,3%.

Rating-Herabstufungen auf den Status „Speculative Grade“ bieten also regelmäßig die Gelegenheit, bei Zinspapieren mit ausgezeichnetem Chance-Risiko-Profil einzusteigen. Langjährigen Beobachtungen zufolge verhalten sich die entsprechenden Anleihen in inflationären Phasen überdurchschnittlich robust. Gleichzeitig erzielen Investoren mit ihnen bessere Renditen als mit anderen Papieren des Segments. Denn in den vergangenen zehn Jahren entwickelten sich die „Fallen Angels“ aus dem Euro-Raum besser als das High-Yield-Universum im Ganzen.

Theologen und Poeten ist somit zuzustimmen: Gefallene Engel wissen in der Tat mit Geld umzugehen. Anleger sollten diese Erkenntnis gewinnbringend nutzen und ihr Portfolio um ausgesuchte „Fallen Angels“ bereichern.