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Exoten auf dem Vormarsch

von Heiko Müller, Geschäftsführer des Devisenanbieters Alpari

BÖRSE am Sonntag

Schwellenmarkt-Währungen locken mit attraktiven Renditechancen. Allerdings ist der Handel mit exotischen Währungen nicht ohne Risiko.

Der US-Dollar und der Euro gehören zwar weiterhin zu den mit Abstand am stärksten gehandelten Devisen der Welt. Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beträgt allein das Handelsvolumen des Währungspaars Euro/US-Dollar mehr als 1,1 Bio. Dollar pro Tag. Doch neben diesen sogenannten Major-Währungen, zu denen auch der Japanische Yen (JPY), der Schweizer Franken (CHF) und das Britische Pfund (GBP) gehören, rücken seit geraumer Zeit auch Währungen aus der zweiten Reihe – auch als Minors oder Exoten bezeichnet – verstärkt in den Fokus der Devisenanleger.

Vor allem Währungen aus Schwellenländern haben aus Investorensicht stark an Attraktivität gewonnen. Denn während in den USA, Japan und der Eurozone die Konjunktur nur schleppend vorankommt, die Zinsen niedrig sind und die Haushalte von Schulden- und Defizitproblemen geplagt werden, locken Länder wie Brasilien, Korea oder Thailand mit einem starken Wirtschaftswachstum, einer soliden Finanzlage und hohen Zinsen. Beispiel Staatsverschuldung: Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) sank in den Schwellenländern die Schuldenquote von 2002 bis 2010 von 54% auf 37%. In den Industrieländern schnellte die Staatsverschuldung dagegen im gleichen Zeitraum von 70% auf 96% empor.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Devisen wie der brasilianische Real (BRL), der koreanische Won (KRW), der thailändische Barth (THB) oder der Singapur-Dollar (SGD) in den vergangenen Jahren gegenüber den meisten Majors deutlich an Wert gewonnen haben. Und zwar in solch einem Ausmaß, dass zahlreiche Schwellenländer aus Angst um ihre Exportindustrie bereits Gegenmaßnahmen ergriffen haben. Brasilien hat zum Beispiel Ende 2010 die Steuern für den Kauf von Anleihen in brasilianischen Real durch Ausländer auf 6% erhöht. Südkorea wiederum hat im Sommer 2010 den Banken Höchstgrenzen für Devisentermingeschäfte gesetzt.

Trotz solcher mehr oder weniger stark verdeckten Kapitalverkehrskontrollen könnten sich Schwellenmarkt-Währungen insbesondere für Carry Trader als interessant erweisen. Beim Carry Trading wird Geld in einer Währung mit niedrigen Zinsen aufgenommen, dann in eine Währung mit hohen Zinsen umgetauscht und vor Ort investiert. Die Zinsdifferenzen zwischen vielen Schwellenländern und den Industriestaaten sind zum Teil erheblich und könnten weiter zunehmen. Denn während sich viele Emerging Markets aufgrund der zunehmenden Inflationsgefahr, die auch durch den Kapitalstrom aus dem Ausland angeheizt wird, gezwungen sehen, die Zinsschraube nach oben zu drehen, dürften die Leitzinsen in den meisten Major-Währungsregionen, insbesondere in den USA, auf absehbare Zeit auf niedrigem Niveau bleiben. Geht die Spekulation auf, profitiert der Carry Trader nicht nur von der Zinsdifferenz, sondern auch von möglichen Wechselkursgewinnen.

Einige Forex-Broker ermöglichen es Privatkunden, Carry Trades zu tätigen, etwa über den Kauf (Long) des Währungspaars brasilianischer Real/US-Dollar. In diesem Fall würde der Anleger gehebelt vom steigenden Real gegenüber dem US-Dollar profitieren. Allerdings sind solche Strategien, insbesondere wenn exotische Währungen mit im Spiel sind, mit hohen Risiken verbunden und daher nur für Profis geeignet. Der Handel mit Schwellenmarkt-Währungen ist in der Regel geprägt von einer relativ geringen Liquidität, weiten Spreads sowie einem erhöhten Gap- und Volatilitätsrisiko. Somit sind die Minors tendenziell eher für mittel- bis langfristige Strategien geeignet. Und auch wenn einige ehemalige Exoten wie der polnische Zloty (PLN) oder die türkische Lira (TRY) mittlerweile gut handelbar sind, die ersten Erfahrungen sammelt der Währungseinsteiger aber in der Regel besser nicht mit den Minors, sondern mit den Majors.