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Schwellenländeranleihen locken mit hohen Zinsen

Von Richard House, Leiter Emerging Markets Bonds bei Threadneedle

BÖRSE am Sonntag

Von Richard House, Leiter Emerging Markets Bonds bei Threadneedle

Anleihen aus Schwellenländern werden für immer mehr Anleger zur Investmentalternative. Aus gutem Grund, denn finanziell stehen viele aufstrebende Nationen inzwischen besser da als die schuldenbeladenen Industriestaaten. Schwellenländer haben meist ein stabiles Bankensystem, und ihr Wachstumspotenzial ist dank der günstigen demografischen Entwicklung, einer geringeren Verschuldung der Verbraucher und den zu erwartenden Produktivitätssteigerungen größer als das der entwickelten Staaten. Auch die Transparenz hat sich deutlich verbessert. Dass einstige Risikostaaten zu relativ sicheren Schuldnern geworden sind, zeigt auch der Umstand, dass die Finanzkrise noch bei keinem Schwellenland zu Zahlungsausfällen geführt hat.

Angesichts ihres gesunkenen Risikos sind die hohen Kupons der Schwellenländeranleihen überaus attraktiv, vor allem mit Blick auf das in den Industrienationen vorherrschende Niedrigzinsumfeld. Man sollte aber nicht zu lange mit einem Einstieg warten, denn die Risikoaufschläge der Schwellenländeranleihen werden weiter zurückgehen, sodass ihre Kurse steigen und die Renditen sinken werden. Dies gilt vor allem für Länder wie Polen, Ungarn und Mexiko, die bereits Mitgliedstaaten der OECD sind, und für Staaten wie Brasilien, China, Indien und Russland, die vor einem OECD-Beitritt stehen oder eng mit der Organisation kooperieren. Auch eine Aufwertung der Bonität durch Ratingagenturen kann den Risikoaufschlag sinken lassen. Wer rechtzeitig investiert, profitiert davon. Besonders deutliche Rückgänge der Risikoaufschläge werden künftig in Ländern wie Ungarn, Mexiko, Russland und der Türkei erwartet, die von der Finanzkrise hart getroffen wurden und jetzt daran arbeiten, ihre Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Gute Anlagemöglichkeiten ergeben sich aber auch dann, wenn Länderrisiken vom Markt falsch eingeschätzt werden. Im Falle Venezuelas etwa verlangen viele Anleger wegen des umstrittenen Präsidenten Hugo Chavez eine Risikoprämie, die angesichts der soliden wirtschaftlichen Fundamentaldaten und der bisherigen Zahlungsmoral ungerechtfertigt erscheint.

Besonders attraktiv für westliche Anleger sind Anleihen in lokalen Währungen. Sie profitieren vom Trend zur Aufwertung von Schwellenländer-Währungen gegenüber den Leitwährungen der entwickelten Welt, dessen Fortsetzung Analysten auch in den kommenden Jahren erwarten. Dafür sprechen nicht zuletzt die hohen Zinsunterschiede, denn in der entwickelten Welt lag im März 2010 der durchschnittliche Leitzins bei 0,5 Prozent, in den Schwellenländern dagegen bei 4,4 Prozent, was Investoren anlockt. Die Anlageklasse Lokalwährungsanleihen ist relativ neu, aber groß, liquide und transparent. Sie ermöglicht zudem die Ausnutzung von Preisineffizienzen zwischen Fremd- und Lokalwährungsanleihen eines Emittenten.

Obwohl sich die Schwellenländeranleihen schon im Jahr 2009 hervorragend entwickelt haben, sind die Renditeaufschläge gegenüber Anleihen aus der entwickelten Welt noch immer interessant, und gute wirtschaftliche Fundamentaldaten begrenzen das Risiko. Die Anlageklasse hat daher weiterhin Potenzial. Dies gilt nicht nur für die staatlichen Emittenten, sondern auch für den immer größer werdenden Markt der Schwellenländer-Unternehmensanleihen. Die Anlageklasse bietet vor allem jenen Investoren große Chancen, die fundamentale, politische und emittentenspezifische Risiken richtig einschätzen können.