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Strahlende Aktienmärkte - und alle feiern mit?

Von Michael Winkler, Chief Investment Officer der St. Galler Kantonalbank Deutschland AG.

BÖRSE am Sonntag

Das hohe Risiko bei Einzelaktien kann die Party schnell beenden

Von Michael Winkler, Chief Investment Officer der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG

Die Aktienmärkte sind im Höhenflug. Am 25. Oktober 2013 knackte der DAX erstmals die magische Grenze von 9.000 Punkten. Und EZB-Präsident Mario Draghi tut alles, um diese Höchstwerte weiter am Fliegen zu halten. Am 07. November 2013 senkte die Europäische Zentralbank den Leitzins auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent. Die Märkte setzten ihre Aufwärtsbewegung entsprechend steil fort. Betrachtet man die Entwicklungen seit Jahresbeginn, konnten der europäische und der amerikanische Aktienmarkt bisher jeweils ein Plus von rund 20 Prozent erzielen. Sogar Sorgenkind Japan überrascht mit einem ausgesprochen positiven Kursgewinn von 40 Prozent – unter Berücksichtigung der Yen-Abwertung verbleibt immer noch ein Zuwachs von rund 20 Prozent. Ausschließlich die Entwicklungen innerhalb der Emerging Markets verzeichnen noch negative Vorzeichen.

Wenn nur das Einzelwertrisiko nicht wäre...

Allerdings werden diese Kursrallyes nicht von steigenden Unternehmensgewinnen unterstützt. Das bedeutet, die Preise für Aktien sind um rund 20 Prozent gestiegen. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse in Europa wuchsen von 11 auf 13 an. Somit sind europäische Aktien zwar noch nicht teuer, allerdings auch nicht mehr günstig. Daher rückt die genaue Betrachtung der einzelnen Aktienwerte immer weiter in den Fokus. Anleger sollten nun genau darauf achten, wo es sich noch lohnt zu investieren. Das Risiko steigt zunehmend an. Auch eine Marktkorrektur wird laut vieler Experten kommen. Die große Frage ist nur wann. Auch darauf muss der Anleger entsprechend vorbereitet sein. Sofern dieser hauptsächlich in Einzeltitel investiert ist, ist die Gefahr eines Verlustes umso höher.

Der steile Kursanstieg der vergangenen Monate wurde einzig und allein durch die extrem expansive Geldpolitik der Notenbanken herbeigeführt. Diese wurden zum Dealer und die Märkte zum Junkie. Immer wieder brauchten die Märkte neue Liquiditätsspritzen und diese haben Fed oder auch EZB ohne großes Aufheben injiziert. Was jedoch passieren kann, wenn die Gelddruckmaschinen der Notenbanken nicht mehr auf Hochtouren laufen, hat man nach der Rede von Ben Bernanke am 22. Mai diesen Jahres gesehen: Heftige Turbulenzen an den Kapitalmärkten, zweistellige Kursrückgänge an den Aktienmärkten innerhalb weniger Wochen und ein Ausverkauf an den Emerging Markets. Es ist absehbar, dass eine solche Situation wiederkehren wird und die Reaktionen der Märkte womöglich ähnlich extrem ausfallen werden. Eine weitere Gefahr.

Augen auf beim Aktienkauf!

Betrachtet man die europäischen Aktien im Hinblick auf ihre Risikowerte wird deutlich, hier liegt der Teufel schon im Detail. Das Kursverhalten der einzelnen Aktien ist lange nicht so einheitlich positiv, wie es die Indizes vermuten lassen. Schaut man beispielsweise auf DAX und EURO STOXX 50, kann man von ruhigen Aktienmärkten sprechen. Der DAX steht stabil bei rund 9.000 Punkten, der EURO STOXX 50 solide bei 3.000 Zählern. Bei der genauen Betrachtung der Einzelwerte innerhalb der jeweiligen Indizes, zeigt sich jedoch eine deutlich heterogenere Entwicklung – insbesondere in den vergangenen Monaten. Die Kursentwicklung der Titel im EURO STOXX 50 zeigt die gravierenden Unterschiede. So konnte der Index innerhalb der letzten vier Wochen um ruhige 2 Prozent zulegen, die Top-Titel stiegen deutlich um 6 bis 10 Prozent und die schlechtesten Werte innerhalb des europäischen Index lagen mit Werten bis zu 10 Prozent im Minus. Interessant ist, dass sich sowohl unter den guten als auch unter den schwachen Titeln zyklische Titel befanden wie beispielsweise auf der Gewinnerseite SAP oder Volkswagen und bei den Verlierern BBVA, ASML oder auch LVMH.

Ähnlich verhält es sich bei deutschen Aktienwerten. In der ersten November-Woche (01.11. – 08.11.2013) notierte der DAX nahezu unverändert um die 9.000 Punkte. Die besten deutschen Werte verbuchten ein deutliches Plus. Heidelberger Druck legt über 28 Prozent zu, der Kurs der Sixt-Aktie wuchs um knapp 8 Prozent und Baywa steigt um knapp 5 Prozent. Der Verlierer der ersten November-Woche ist Deutz – der Kurs sinkt um gut 9 Prozent, auch Fraport verliert fast 7 Prozent, Stada muss gut 5 Prozent einbüßen. Schaut man en Detail auf den DAX am 7. November 2013, zeigt sich, dass der Index bis 12 Uhr mittags nahezu unverändert bei gut 9.000 Punkten notierte. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt bereits deutliche Gewinner und klare Verlierer. Die Titel der Commerzbank, von Continental, Siemens, Adidas und K+S konnten bereits ein Plus von bis zu 10 Prozent verbuchen. Gleichzeitig hatten die Werte der Heidelberger Zement, der Deutschen Telekom, von RWE und der Münchner Rück bereits deutlich verloren mit einem Minus von bis zu 4 Prozent.

Zauberwort Diversifikation

Alle Beispiele zeigen, Schwankungen einzelner Aktien sind im Vergleich zur Schwankung des Gesamtindex sehr hoch. Natürlich können Anleger bei gekonnter Einzeltitelauswahl eine deutlich höhere Rendite erzielen. Allerdings ist bei diesen „Highflyern“ auch die Fallhöhe eindeutig größer. Davon abgesehen liegt die größte Herausforderung darin, entsprechende Werte zur richtigen Zeit überhaupt zu erkennen. Die Gefahr einen schwachen Titel, der ein deutlich schlechteres Ergebnis als der Gesamtindex erzielt, auszuwählen ist dagegen merklich höher. Es empfiehlt sich also eine angepasste Vorgehensweise, die der aktuellen Situation gerecht wird. Sollte es sich um ein Depot mit Einzelwerten handeln, ist auf eine sehr breite Diversifikation zu achten. Dabei sollten mindestens 20 bis 30 Titel berücksichtigt werden. Dafür ist natürlich eine gewisse Depotgröße erforderlich. Zudem gibt es die Möglichkeit größere Teile der Aktienengagements über ETFs – sowohl auf Index-, als auch auf Sektorenebene – abzubilden. Dafür eignen sich insbesondere der DAX und der EURO STOXX 50. Am Ende muss der Anleger eine für die individuellen Ansprüche passende Strategie finden. Allerdings ist es sicherlich in der aktuellen Situation aufgrund der komplexen Sachverhalte und der volatilen Märkte empfehlenswert, das Gespräch mit einem unabhängigen Experten zu suchen.