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Amerika und Europa driften auseinander

Die sich öffnende Zinsschere zwischen den USA und der Eurozone könnte die Märkte in dauerhafte Turbulenzen bringen. Anleger können sich bereits jetzt entsprechend positionieren.

BÖRSE am Sonntag

Die sich öffnende Zinsschere zwischen den USA und der Eurozone könnte die Märkte in dauerhafte Turbulenzen bringen. Anleger können sich bereits jetzt entsprechend positionieren.

Während die US-Notenbank Fed voraussichtlich bald die Zinsen anhebt, wird die Europäische Zentralbank (EZB) wohl bis Ende 2016 die Zinsen nahe null lassen. Der Finanzjargon spricht dabei von der „globalen Divergenz“. Was bedeutet dies für die Anleger? Was die Leitzinserhöhung in den Vereinigten Staaten für Folgen haben kann, zeigten bereits die Ereignisse nach dem Frühjahr 2013. Damals kündigte Ben Bernanke, der Vorgänger der heutigen Fed-Chefin Janet Yellen, an, dass die Notenbank die ultralockere Geldpolitik bald beenden könnte. Konkret war die Rede davon, den Ankauf der US-Staatsanleihen zurückzufahren. Die Aussicht, dass damit die Zinsen in den USA steigen könnten, veranlasste Investoren, ihr Geld aus den Schwellenländern (Emerging Markets) abzuziehen.

Kapitalströme ändern sich

Die Schwellenländer hatten in den Jahren zuvor durch ihr hohes Zinsniveau viel Kapital angezogen. Dabei nahmen die Anleger entsprechende Investmentrisiken in Kauf. In Erwartung der steigenden US-Zinsen kehrten Investoren jedoch 2013 wieder in den sicheren Hafen zurück. Die Milliarden Dollar, die aus den Schwellenländern abgezogen wurden, flossen in festverzinsliche US-Papiere. Die Folge: Die Währungen einiger Schwellenländer verloren drastisch an Wert. Ganze Staaten gerieten in die Bredouille, etwa Argentinien, Indien und die Türkei. Eine Erkenntnis: Anlagen in Schwellenländern sind riskant. Sollte die Zinsschraube in den USA anziehen, kann dies an den Emerging Markets zur Kapitalflucht führen und erhebliche Turbulenzen verursachen. Übrigens sind im Jahr 2014 wieder viele Investoren in die Schwellenländer zurückgekehrt. Die Geschichte könnte sich also durchaus wiederholen.

Für sicherheitsorientierte Zinsanleger aus dem Euroraum sind womöglich steigende Zinsen in den USA ein guter Grund, in amerikanische Staatsanleihen zu investieren. Dies wäre ein Weg, dem Niedrigzinsniveau zu entkommen. Deutschland und die USA gelten als bonitätsstarke Schuldner – was ein wesentliches Sicherheitskriterium beim Investment in Anleihen ist. Und da etwa zehnjährige Bundesanleihen nur noch mickrige Zinsen bieten, liegt der Vergleich mit den deutlich attraktiveren US-Staatspapieren nahe.

Euro verliert an Wert

Eine weitere Strategie ist es, auf den fallenden Euro gegenüber dem US-Dollar zu setzen. Denn in der Regel verlieren die Währungen, bei denen die Zinsen sinken, an Wert. Ein Grund dafür sind die sogenannten Carry-Trades. Also Zinsgeschäfte von kapitalstarken Investoren, die Währungen mit den höheren Zinssätzen kaufen und Währungen mit den niedrigeren Zinsen verkaufen. Angesichts der Leitzinssenkungen der EZB ist der Euro 2014 bereits deutlich gegenüber dem Greenback gefallen. Die europäische Gemeinschaftswährung könnte zudem gegenüber einer anderen wichtigen Währung, dem Britischen Pfund, künftig an Wert einbüßen. Denn auch die Bank of England (BoE) will die Zinsen anheben.

Anleger haben verschiedene Möglichkeiten, auf Währungen zu setzen. Zum Beispiel, indem sie in eine Anlageklasse investieren, die in der favorisierten Währung notiert. Anleger, die von einem steigenden Dollar gegenüber dem Euro ausgehen, können ihr Geld in US-Staatspapiere, in US-Aktien oder auch in Rohstoffe wie Gold anlegen. Allerdings gehen sie dabei neben dem Währungs- noch ein anderes Marktrisiko ein. Laufen die jeweiligen Anlageklassen deutlich schlechter als erwartet, nutzen selbst die schönsten Währungsgewinne nichts.

Mit Optionsscheinen auf Währungen setzen

Risikobereite Anleger können ihre Marktmeinung zu Währungen hingegen gezielt mit Optionsscheinen umsetzen. Entwickelt sich dann die bevorzugte Währung in die erwartete Richtung, profitieren sie davon überproportional. Erfüllt sich die Erwartung nicht, kann es jedoch zu hohen Verlusten und im schlechtesten Fall zum Totalverlust des Kapitaleinsatzes kommen. Wer noch nicht mit Optionsscheinen gehandelt hat, sollte sich zunächst mit der Funktionsweise dieser Hebelpapiere vertraut machen. Hebelpapiere heißen sie deswegen, weil mit ihnen Gewinne, aber auch Verluste „gehebelt“ werden. Ein Hebel von zehn besagt zum Beispiel, dass sich der Wert des Optionsscheins verzehnfacht, falls sich der zugehörige Basiswert, etwa eine Aktie, ein Index oder eine Währung, um ein Prozent in die gewünschte Richtung bewegt. Umgekehrt werden Verluste gehebelt, wenn sich die Markterwartung nicht erfüllt.

Das Prinzip soll anhand eines fiktiven Beispiels deutlich werden. Mit einem Put-Optionsschein auf das Währungspaar Euro/Dollar setzen Anleger darauf, dass der Euro gegenüber dem Greenback an Wert verliert. Angenommen, das Bezugsverhältnis des Puts liegt bei 100, dann verbrieft der Schein das Recht, am Laufzeitende 100 Euro zu einem vorab festgelegten Euro-Dollar-Kurs zu verkaufen. Dieser Wechselkurs nennt sich Basispreis oder englisch „Strike“. Er soll im Beispiel 1,30 Dollar je Euro betragen. Hält der Anleger den Schein bis zum Laufzeitende, wird ihm der in Euro umgerechnete Wert des Scheins ins Depot gebucht. Steht dann der Euro bei 1,25 Dollar, hat der Put einen inneren Wert von 5 Dollar. Dieser Wert ergibt sich, indem man den Kurs (1,25 Dollar) vom Basispreis (1,30 Dollar) abzieht und das Ergebnis mit dem Bezugsverhältnis (100) multipliziert. Sollte nun hingegen der Euro zum Schluss bei 1,30 Dollar oder darüber notieren, ist das eingesetzte Kapital, also der Betrag, den Anleger für den Kauf des Optionsscheins bezahlen (Optionsprämie), verloren.

Nach dem gleichen Prinzip können Anleger sich auch andere Währungspaare heraussuchen. Sie setzen beispielsweise bei Put-Optionsscheinen auf das Währungspaar Euro (EUR) / Britisches Pfund (GBP) darauf, dass der Euro sich gegenüber dem Pfund schlechter entwickeln wird.