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"Die Teuerung weltweit ist teilweise so hoch wie zuletzt im Zweiten Weltkrieg"

Der Dollar korrigiert, Gold steigt, die Aussichten für den Euro sind düster. Markus Blaschzok, Chefanalyst der SOLIT-Gruppe blickt auf die Märkte in unruhigen Zeiten.

(Foto: Shutterstock)

Der Dollar korrigiert, Gold steigt, die Aussichten für den Euro sind düster. Markus Blaschzok, Chefanalyst der SOLIT-Gruppe blickt auf die Märkte in unruhigen Zeiten.

Das Protokoll der letzten FED-Sitzung war unspektakulär, doch wurde die Inflationsprognose geändert. Man erwartet nun, dass die Teuerung nach dem PCE-Index im Jahr 2022 mit 4,3 % höher ausfallen wird, als bisher erwartet. Für das Folgejahr erwartet man nun hingegen einen deutlicheren Rückgang der Preissteigerungsrate auf 2,5 % in 2023 und auf 2,1 % in 2024. Die Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage in der Wirtschaft sollen sich durch die Verlangsamung der Gesamtnachfrage und die erwartete Lockerung der Angebotsbeschränkungen wieder verringern.

Könnte es daher sein, dass nach drei weiteren Zinsschritten um jeweils 50 Basispunkte bereits das Ende des Zinsanhebungszyklus im September gekommen ist? Da die Märkte diese drei kommenden Zinsschritte bereits eingepreist haben, fokussiert man sich nun bereits auf einen Rückgang der Teuerungsrate und eine Stabilisierung der Zinsen im Bereich von 2,5 %, was jetzt bereits eine Erholung am Aktienmarkt befeuert.

Angesichts der aktuell hohen Teuerung in den USA von 8,3 % ist ein Leitzins bei einem Prozent oder 2,5 % im vierten Quartal keine restriktive Geldpolitik, sondern eine ultralockere Geldpolitik. In einer freien Marktwirtschaft sollten und würden die Zinsen mindestens 4 Prozentpunkte über der Inflationsrate liegen, doch niemals darunter. Aufgrund der zentralistisch planwirtschaftlichen Geldmengensteuerung durch die staatlichen Notenbanken wurden die Zinsen in den letzten 40 Jahren künstlich gedrückt. Gigantische Fehlallokationen und die Umverteilung von Kapital auf den Staat und begünstigte Unternehmen führten zu einem Nettowohlfahrtsverlust, der nicht groß genug beziffert werden. Ohne die destruktiven und wohlstands-, sowie fortschrittsfeindlichen Eingriffe der Notenbanken in den Markt wäre die Welt heute viel wohlhabender, technologisch weiter fortgeschritten und besser.

Solange die Zinsen nicht mindestens vier Prozentpunkte über der staatlich ausgewiesenen Teuerung liegen, geschweige denn über der wahren Teuerung, die weitaus höher liegt, ist die Geldpolitik weiterhin ultralocker. Dies ist grundsätzlich bullisch für den Goldpreis.

Die Zinsen können nur unter dem Marktniveau gehalten werden, wenn die Notenbank die Teuerung zu niedrig ausweist, durch optimistische Prognosen und eine falsche Forward Guidance erzeugt, sowie letztlich wieder als Käufer von Staatsanleihen am Markt auftritt. Alles andere führt zu einem weiteren Anstieg der Zinsen und zu einer weiteren Bereinigung der Fehlallokationen (Rezession).

Kurzfristig scheint es ihr jedoch zu gelingen, die Marktteilnehmer an der Nase herumführen, da diese den offiziellen Statistiken und den Inflationsprognosen der FED Glauben schenken, bzw. sich danach ausrichten. Dies erklärt die Bärenmarktrallye am Aktienmarkt und die andauernde Korrektur im Goldbullenmarkt. Es ist charakteristisch für den Beginn eines realen Bärenmarktes, dass die Investoren immer wieder die Rücksetzer kaufen, in der Hoffnung alles würde wie in der Blase zuvor wieder ansteigen und sich die Rallye fortsetzen.

Der Dollar setzte seine Korrektur nach dem Sitzungsprotokoll fort, wobei der USD-Index auf 101,50 Punkte fiel, nachdem er zuvor mit 105 Punkten den höchsten Stand seit 2002 zu den anderen Fiat-Währungen erreicht hatte. Die erwartete Zwischenerholung des Euros, die wir bis in den Bereich bei 1,09 US-Dollar oder gar 1,10 US-Dollar erwartet haben, läuft seither und der Euro konnte sich kurzzeitig auf 1,077 US-Dollar erholen.

Aufgrund des schwächeren Dollars konnte der Goldpreis die erste erwartete Zwischenerholung bis zum Widerstand 1.870 US-Dollar vollziehen, nachdem ich meinen Abonnenten an der Unterstützung bei 1.800 US-Dollar ein kurzfristiges antizyklisches Kaufsignal gab für eine Zwischenerholung bis 1.870 US-Dollar oder gar 1.900 US-Dollar im Umfeld eines kurzzeitig schwächeren Dollars.

Es zeigt sich jedoch, dass es sich aktuell primär um einen Wechselkurseffekt handelt, denn der Goldpreis in Euro klebt immer noch an dem Korrekturtief bei 1.720 Euro je Feinunze. Das bedeutet, dass die Schnäppchenjäger, trotz des Preisrückgangs um 270 US-Dollar, an der Unterstützung bei 1.800 US-Dollar nicht genügend Nachfrage bringen, um ein Defizit am physischen Markt zu erzeugen. Die Forward Guidance der FED und eine nun mögliche Bärenmarktrallye am Aktienmarkt lenkt den Fokus der Investoren weg vom Edelmetallmarkt.

Während die FED die Zinsen sukzessive um jeweils 50 Basispunkte anheben wird bei den nächsten drei Notenbanksitzungen, konstatierte die EZB in der letzten Woche, dass man nicht in der Lage sei die Zinsen über null Prozent bis Jahresende anzuheben. Damit liegt der Bias weiterhin auf einem schwächeren Euro und einem stärkeren Dollar, weshalb der Dollar nach einer Zwischenkorrektur seinen Anstieg fortsetzen könnte. Die würde noch einmal kurzzeitigen Verkaufsdruck auf die Edelmetallpreise bringen, was uns im Trading eine ideale Short- und danach wieder Long-Chance bieten wird. Man sollte über den Sommer hinweg daher sehr vorsichtig sein und immer einen Stop-Loss im Trading am Edelmetallmarkt platzieren.

An dem großen Bild hat sich hingegen nichts verändert und der Goldbullenmarkt wird sich fortsetzen. Die Gewinne der Unternehmen enttäuschen weiterhin und werden dies im Umfeld steigender Zinsen auch künftig tun. Die US-Neubauverkäufe brachen im April bereits jetzt ein und man mag sich ausmalen, wie stark der Immobilienmarkt erst bei Zinsen von 5 % oder 10 % implodieren wird. Neue Häuser werden kaum mehr verkauft werden, während gebrauchte Immobilien in der Stagflation den Markt überschwemmen werden. Auch der US-Einkaufsmanagerindex enttäuschte in der letzten Woche die Erwartungen des Marktes mit 57,5 anstatt der erwarteten 57,3, wobei dieser im April noch bei 59,2 war.

Hoch bleibt hingegen weiterhin der Rohölpreis, der seit 3 Monaten wieder ein deutliches Defizit zeigt, womit alle Rücksetzer immer wieder gute Kaufchancen brachten. Es scheint aktuell so, als könnte sich der Anstieg des Rohölpreises noch fortsetzen und so auch die Inflationsraten höher ausfallen, als es viele heute glauben. Interessant ist, dass die russischen Einnahmen aus den Verkäufen von Rohöl und Gas förmlich explodiert sind durch die Sanktionen, wie folgende Grafik zeigt. Auch wenn die USA den Kauf von russischem Öl gestoppt haben, bleibt es ein weltweiter Markt und Russland einer der größten Produzenten und Exporteure von Rohöl weltweit. Je höher der Rohölpreis steigt, desto attraktiver wird russisches Rohöl und die je höher steigen die Einnahmen des russischen Staates. Infolgedessen konnte der Rubel zum Dollar kürzlich sogar auf den höchsten Stand seit 2015 ansteigen.

Europa ist der Verlierer der Sanktionen, was die Kaufkraft des Euros weiter aushöhlen wird in den nächsten Jahren. Es ist noch nicht einmal ein Silberschweif am Horizont sichtbar, weshalb man sich keine Hoffnung auf eine Rückkehr in Zeiten vor der Lockdown-Krise 2020 machen darf. In den nächsten Jahren werden wir unter dem Strich weiter steigende Zinsen, mehr Inflation und eine fortgesetzte Rezession erleben. Gold bleibt der sichere Hafen für Vermögen in dieser unsicheren Zeit, in der alle anderen Märkte nur noch Risiken aber kaum oder keine Chancen mehr bringen.