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Herbstaufschwung statt Oktobercrash?

Die Aktienbörsen in den USA ziehen wieder an. Es verbreitet sich unter New Yorker Analysten plötzlich wieder bessere Stimmung. In Europa haben viele auf Herbstturbelenzen gesetzt und waren vorsichtig - dreht jetzt die Stimmung? Immer mehr Analysten werden optimistisch.

BÖRSE am Sonntag

Die Aktienbörsen in den USA ziehen wieder an. Es verbreitet sich unter New Yorker Analysten plötzlich wieder bessere Stimmung. In Europa haben viele auf Herbstturbelenzen gesetzt und waren vorsichtig - dreht jetzt die Stimmung? Immer mehr Analysten werden optimistisch.

Der deutsche Leitindex DAX legte im Wochenverlauf rund 3 Prozent zu und kommt allmählich aus der Sommerpause zurück. „Rückenwind erhält der DAX insbesondere von den US-Börsen, die ein Rekordhoch nach dem anderen markieren konnten“, erklärt Jens Stumpp, Bereichsleiter Asset Management bei der Südwestbank. Die Rekordjagd in den USA wird von robusten Konjunkturdaten gestützt. „Es scheint, als würde ein weiterer Angriff auf die charttechnisch wichtige 200-Tageslinie bei 12.619 Punkten in den kommenden Wochen erfolgen“, so Stumpp.

Die europäische Gemeinschaftswährung nahm im Laufe der Woche ebenfalls zu und notiert derzeit bei 1,178 US-Dollar – der höchste Stand seit Juli 2018. Die Experten der Südwestbank sehen aktuell einen positiven Trend an den deutschen und europäischen Märkten, den hauptsächlich die guten Vorgaben aus den USA antreiben. Der Handelsstreit ist ins Hintertreffen geraten. „Somit gehen wir von einer weiteren Aufwärtsbewegung für die kommende Woche aus“, sagt der Bereichsleiter.

Auch die sechs Mitgliedsinstitute des Bundesverbands Öffentlicher Banken (VÖB) zeigen sich wieder erhalten optimistisch. B ei der Präsentation ihrer mittelfristigen Aktienprognosen in Frankfurt erwarten die Geldhäuser zwar, dass das Aufwärtspotenzial am deutschen Aktienmarkt begrenzt ist, doch mit einer fortgesetzten Talfahrt rechnet in den kommenden Monaten niemand der zuständigen Anlagestrategen.

Dem Dax trauen die Experten auf Jahressicht im Schnitt ein knapp achtprozentiges Plus auf 13.117 Punkte zu. Die Spanne der Kursprognosen reicht von 12.500 Zählern, die von der HSH Nordbank ausgerufen werden, bis zu 13.500 Stellen, die die Experten bei der DekaBank und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) für wahrscheinlich halten.

Der jüngste Kursrückgang im Dax sei, so meint HSH Nordbank-Analyst Marius Schad, vor allem auf die Gewinnrevisionen vieler Unternehmen im Jahresverlauf zurückzuführen. „Die Gewinnaussichten der Dax-Unternehmen bleiben jedoch positiv“, sagt der Fachmann. Für 2019 werde „eine Steigerung der Unternehmensgewinne von etwa zehn Prozent erwartet“. Deshalb gehe die Landesbank davon aus, dass der Dax seinen europäischen Vergleichsindex abhängen werde. Ohne den am kommenden Montag anstehenden Abstieg der Commerzbank aus dem Dax hätte das Börsenbarometer laut dem LBBW-Analysten Uwe Streich sogar noch rund vier Prozentpunkte mehr Outperformance-Potenzial: „Die Indexaufnahme von Wirecard kostet den Dax etwa 600 Punkte“, hat er berechnet. Weil die Aktien des Zahlungsdienstleisters gemessen am Unternehmensertrag je Aktie – dem Kurs-Gewinnverhältnis (KGV) – wesentlich höher bewertet sind als die Anteilsscheine der zweitgrößten deutschen Bank, sinke das Renditepotenzial des Dax, erklärt Streich.

Händler in Frankfurt weisen darauf hin, dass an den vergangenen Handelstagen der Dax häufig nachmittags deutlich zulegen konnte – was gewöhnlich ein Indiz dafür ist, dass wieder mehr ausländisches Kapital in den deutschen Aktienmarkt fließt. Auf seinem aktuellen Niveau sei der Dax günstiger bewertet als andere große Börsenindizes. Meint das Handelsblatt. Das bietet ein attraktives Einstiegsniveau – solange sich weiter keine Rezession abzeichnet.

Tatsächlich bezahlen Anleger die Aktien derzeit mit dem Zwölffachen des erwarteten Nettogewinns der 30 Mitgliedsunternehmen. Und das, nachdem sich die Gewinnerwartungen reduziert haben: von ursprünglich zehn Prozent Gewinnwachstum zu Jahresbeginn in Richtung Stagnation.

Auch die Commerzbank sieht Entspannungssignale - vor allem am Devisenmarkt. Sowohl der US-Dollar als auch der Euro geben gegenüber anderen Devisen nach. „Grund für die Schwäche beider Währungen ist zweifellos die entspanntere Lage in den Emerging Markets, die durch das Durchgreifen einiger Notenbanken begünstigt wurde“, schreiben die Devisenanalysten der Commerzbank.

So hat die türkische Notenbank mit ihrer kräftigen Zinserhöhung einen weiteren Absturz ihrer Währung vorerst verhindert. Auch die russische Zentralbank dürfte durch ihren präventiven Zinsschritt Vertrauen wiederhergestellt haben, ebenso die südafrikanische Notenbank. Die Schwllenlandkrise scheint vorerst eingedämmt. Damit ziehen die Fluchtgelder wieder aus den sicheren Währungshäfen wie Dollar und Euro zurück.

Vieles hängt damit an den Gewinnerwartungen der Unternhmen. Pessimisten warnen, dass hier mit nachlassender Konjunktur wenig Positives zu erwarten sei. Während noch am Jahresanfang für 2018 ein Gewinnanstieg von rund 10 Prozent für die Dax-Unternehmen prognostiziert wurde, haben die Analysten ihre Erwartungen in den letzten Monaten kontinuierlich reduziert. Mittlerweile ist man fast bei einer Gewinnstagnation im Vergleich zum Jahr 2017 angekommen. Stagniert haben die Gewinne der Dax-Unternehmen zuletzt im Jahr 2013. Damals wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland gerade einmal um 0,6 Prozent, und die Weltwirtschaft expandierte mit einer Rate von 3,5 Prozent. M. M. Warburg bleibt dennoch optimistisch und erwartet für Deutschland in diesem Jahr ein Wachstum von fast 2 Prozent und für die Welt von knapp 4 Prozent. Unter makroökonomischen Gesichtspunkten scheinen die Gewinnerwartungen für dieses Jahr also mittlerweile zu pessimistisch zu sein.

Beim Blick auf die Unternehmensgewinne falle zudem auf, dass die Prognosereduzierungen nur das Jahr 2018 betreffen. Die Erwartungen an das Jahr 2019 sind zwar vom Niveau her etwas gesunken, die erwartete Steigerungsrate ist mit rund 10 Prozent aber stabil geblieben. Dies ist auch der Grund dafür, dass die aus Warburg-Sicht entscheidende Kennzahl für die weitere Kursentwicklung. Solange Deutschland und die Weltwirtschaft nicht in eine neue Rezession geraten – wofür es derzeit keine belastbaren Hinweise gibt – seien die derzeitigen Kurse recht niedrig. Bewertet man die Gewinnerwartungen für das Jahr 2019 mit einem KGV von 13 (Mittelwert seit 2001), errechnet sich ein Kursziel von fast 13.800 Punkten. Die Voraussetzungen für eine deutliche Kurserholung in den nächsten Monaten blieben somit gegeben.