Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Asiens Schwellenländer – Profiteure der Stunde

Es ist nur ein paar Monate her, da galten die Schwellenländer, allen voran jene in Asien, als die großen Verlierer der politischen Entwicklungen in den USA. Denn die angekündigte Abschottungspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump hätte Exportnationen wie China, Südkorea und Taiwan besonders hart getroffen. Warum das nun anders ist, erklärt Ulrich Stephan.

BÖRSE am Sonntag

Es ist nur ein paar Monate her, da galten die Schwellenländer, allen voran jene in Asien, als die großen Verlierer der politischen Entwicklungen in den USA. Denn die angekündigte Abschottungspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump hätte Exportnationen wie China, Südkorea und Taiwan besonders hart getroffen. Das ist nun vorbei.

Von Ulrich Stephan

Mittlerweile hat sich die Lage für Asiens aufstrebende Volkswirtschaften deutlich entspannt – nicht nur, weil Donald Trump seinen Ankündigungen bisher kaum Taten hat folgen lassen, sondern auch, weil die Weltwirtschaft insgesamt stärker und regional synchroner wächst, als noch zu Jahresbeginn angenommen. Dieser verbesserte ökonomische Ausblick schlägt sich auch in den Kursentwicklungen vieler asiatischer Aktienmärkte nieder: Seit Jahresbeginn haben sie hinsichtlich der Wertentwicklung die meisten anderen Börsen weltweit hinter sich gelassen – der MSCI Emerging Markets Asia, der große und mittelgroße Unternehmen der asiatischen Schwellenländer listet, legte beispielsweise bis zum sechsten Juni in Euro gerechnet um knapp 15 Prozent zu und damit deutlich stärker als der MSCI World, der Unternehmen aus 23 Industrienationen beinhaltet. Der MSCI legte lediglich rund fünf Prozent zu.

Die Deutsche Bank erwartet, dass sich diese positive Entwicklung in den asiatischen Schwellenländern auf absehbare Zeit fortsetzen könnte. Dafür sprechen unter anderem die weiterhin guten Perspektiven für die Weltwirtschaft sowie das erwartete Gewinnwachstum vieler asiatischer Unternehmen. Hoffnungen wecken insbesondere die überraschend positiven Gewinnrevisionen im MSCI Emerging Markets Asia: Im Vergleich zu den Erwartungen der Analysten vor einem, drei und sechs Monaten stiegen die durchschnittlichen Gewinnerwartungen im Mai um 1,4 sowie 3,4 beziehungsweise 6,2 Prozent an: Insgesamt wird im Jahre 2017 mit einem Gewinnwachstum von mehr als 16 Prozent kalkuliert.

Blickt man auf die einzelnen asiatischen Schwellenländer, stechen drei Aktienmärkte positiv hervor: China, Südkorea und Taiwan. Diese profitieren in besonderem Maße vom Anziehen der weltweiten Konjunktur und dem bisherigen Ausbleiben zusätzlicher protektionistischer Maßnahmen seitens der USA. Hinzu kommt, dass alle drei Aktienmärkte trotz zuletzt gestiegener Kurse nach wie vor günstig bewertet sind: Der südkoreanische KOSPI weist derzeit unter Berücksichtigung der 12-Monats-Gewinnerwartungen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 9,7 auf. Selbst das KGV im MSCI China sowie im taiwanesischen TAIEX liegt mit 12,8 beziehungsweise 13,7 deutlich unter dem durchschnittlichen KGV von rund 16 für Unternehmen aus den Industrieländern. Aus Sicht der Deutschen Bank könnte dies im aktuellen weltwirtschaftlichen Umfeld weiteres Kurspotenzial in Asiens Schwellenländern eröffnen.

Zugutekommen dürfte den drei Börsen dabei die vergleichsweise stabile fundamentale Lage im jeweiligen Land. China beispielsweise konnte die negativen Nachwirkungen der am 24. Mai erfolgten moderaten Herabstufung durch die Ratingagentur Moody’s – immerhin der erste Downgrade seit rund 28 Jahren – bisher auf ein Minimum begrenzen. Taiwanesische Unternehmen wiederum tragen einen ganz wesentlichen Teil zur weltweiten Wertschöpfungskette im florierenden IT-Sektor bei. Und für die koreanischen Unternehmen rechnen die Analysten mittlerweile mit 14,8 Prozent höheren Gewinnen als noch vor 6 Monaten – weltweit eine der positivsten Gewinnrevisionen überhaupt.

Bei all den positiven Nachrichten sollten potentielle Anleger die weiterhin bestehenden Risiken für Asiens Schwellenländer nicht außer Acht lassen. Neben einer möglichen Eskalation im Konflikt um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm und einer nach wie vor denkbaren Verschärfung der protektionistischen Wirtschaftspolitik der USA betrifft das vor allen Dingen ein Nachlassen der weltwirtschaftlichen Dynamik. Aktuell sieht die Deutsche Bank allerdings eher positives Überraschungspotenzial für die asiatischen Aktienmärkte. Im Umfeld einer sich weiterhin gut entwickelnden Weltwirtschaft könnten Unternehmensbeteiligungen aus China, Südkorea und Taiwan im Rahmen eines breit gestreuten Schwellenländer-Engagements für entsprechend risikobereite Anleger eine interessante Investmentmöglichkeit darstellen.

Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank für Privat- und Firmenkunden.