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Die besten Artikel: Ihre BaS-Favoriten 2017 - Platz 3

„Aktienmarkt: Sieben Gründe für einen Crash“ – das war unsere Befürchtung im Juli. Schon für den Herbst sahen bedeutende Analysten einen deutlichen Rücksetzer an den Finanzmärkten. Es wäre die Stunde des Bären! Gibt es auch jetzt noch die damals feststellbaren, durchaus validen Argumente für diese sommerliche Befürchtung? Lesen Sie selbst!

BÖRSE am Sonntag

„Aktienmarkt: Sieben Gründe für einen Crash“ – das war unsere Befürchtung im Juli. Schon für den Herbst sahen bedeutende Analysten einen deutlichen Rücksetzer an den Finanzmärkten. Gibt es auch jetzt noch die damals feststellbaren, durchaus validen Argumente für diese sommerliche Befürchtung? Lesen Sie selbst!

1. – Der Aufschwung ist überreif

Die aktuelle Aufschwung an den Aktienmärkten befindet sich bereits im neunten Jahr. Die Wahrscheinlichkeit für einen Rückschlag wird Monat für Monat größer. Daten von Yardeni Research zufolge gab es seit 1950 im S&P 500 nicht weniger als 35 Korrekturen von schlagartig zehn Prozent oder mehr. Das heißt: Wir erleben in etwa alle zwei Jahre einen zweistelligen prozentualen Kursabsturz. Unter den meisten Analysten ist es daher nicht die Frage, ob der Bullenmarkt enden wird, sondern wann? Ein neunjähriger Daueraufschwung ist jedenfalls ungewöhnlich und spricht für einen überfälligen Rücksetzer. Nachdem sowohl der Dow Jones Industrial Average als auch der Nasdaq Composite und der S&P 500 im März 2009 ihre Tiefstände erreicht hatten, sind sie seither alle auf neue Rekordhochs galoppiert und verzeichneten Kursgewinne von 227 Prozent, 387 Prozent respektive 259 Prozent. Wer glaubt also daran, dass das einfach so weitergehen kann?

2. – Aktien sind überbewertet

Thomas H. Kee, der Ex-Vordenker von Morgan Stanley verweist darauf, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) in vielen Aktienmärkten weit über seinem historischen Durchschnitt liege. Laut dem Online-Market Data Center des Wall Street Journal lag das KGV auf Basis der vergangenen zwölf Monate beim vielbeachteten und breit gestreuten S&P500 bei 25. Dies sei ein zu hoher Wert. Kee bezieht sich in seiner Analyse insbesondere auf den US-Aktienmarkt, der 66 Prozent höher stehe, als er sollte.

Die von Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller entwickelte CAPE, die Cyclically Adjusted Price-to-Earnings Ratio also, hat zuletzt einen Wert erreicht, der zuvor nur wenige Male in den letzten einhundert Jahren erklommen wurde. So wurden derart hohe Werte beispielsweise in den Jahren 1929 und 1999 erreicht, Jahre denen eine große und lange Baisse folgte. Neben dem KGV auf Basis der vergangenen zwölf Monate legen auch andere fundamentale Indikatoren – so zum Beispiel Shillers CAPE – nahe, dass eine eklatante Überbewertung am US-Aktienmarkt vorherrscht. Nach dieser Logik stünde aktuell ein Supercrash bevor.

3. – Die Zinsen drehen

Als Hauptgrund für den langen Börsenaufschwung gilt die extrem ausgeprägte Phase von Niedrigzinsen. Die Notenbanken haben die Finanzmärkte mit Liquidität geflutet und ihre Bilanzen in einem historisch beispiellosen Maße aufgebläht. Da nun die Notenbanken mit der Reduzierung der Bilanzsummen beginnen, könnte dies für die Märkte ein Schockerlebnis werden. Bis dato haben extrem niedrige Zinsen die Märkte künstlich aufgebläht - nun drohe das Gegenteil - im Moment der Zinswende würden die Märkte scharfe Korrekturen einleiten. Und nach der Fed in den USA hat jetzt auch die Europäischen Zentralbank die Zinswende offiziell eingeläutet.

4. – Chinas Aktienmärkte sind verpfändet

Eine spezielle Situation in China könnte den Crash auslösen, warnen einige asiatische Analysten. Zum einen steige die Staatsverschuldung Chinas auf ungesunde Weise – laut einer Goldman-Sachs-Studie ist sie inzwischen auf 250 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gestiegen. Zum anderen sei Chinas Aktienmarkt mittlerweile gewaltig groß geworden und könne globale Schockwellen auslösen. Vor allem da immer mehr Aktien in China als Pfand für Kredite. „Wenn die Kurse fallen, die Eigner aber nicht genügend Kapital haben, um zusätzliche Sicherheiten zu bieten, drohen massenweise Zwangsverkäufe“, warnt Meng Shen, Manager der Pekinger Investmentbank Chanson & Co. „Das setzt eine Negativ-Spirale in Gang: Je mehr man verkauft, desto stärker fallen die Kurse, was weitere Zwangsverkäufe nach sich zieht.“

Schätzungen der Investmentbanken Bank of America Merrill Lynch und Bocom zufolge dienen derzeit chinesische Aktien im Volumen von sechs Billionen Yuan (788 Milliarden Euro) als Pfand. Das ist etwa viermal so viel wie vor zwei Jahren und entspricht etwa zehn Prozent des Börsenwerts des gesamten chinesischen Aktienmarktes. Ein Großteil der Dividendenpapiere dient als Sicherheit für Kredite, die Brokerhäuser ihren Kunden für Börsenspekulationen einräumen. Damit wollten sie zusätzliches Geschäft an Land ziehen, sagt Analyst Xia Zhengzhou vom Handelshaus Kaiyuan. Zu den größten Spielern gehört Haitong. Der Broker hatte nach eigenen Angeben Ende 2016 Kredite über 18,5 Millionen Euro vergeben, bei denen Aktien als Pfand dienten. Diese Summe solle weiter steigen. Konkurrent Guotai Junan will in diesem Bereich ebenfalls kräftig wachsen.

5. – Die Staatsschulden sind außer Kontrolle

Die Summe der Staatsschulden hat in den vergangenen zehn Jahren sprunghaft zugenommen. Die weltweiten Schulden erhöhten sich um 7,6 Billionen auf 215 Billionen Dollar, also rund 202 Billionen Euro, wie das Institute for International Finance, der weltweite Verband der Finanzbranche, in Washington mitteilte. Die Summe entspreche 325 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Der Schuldenrun wurde durch die Nullzinspolitik der Notenbanken zusätzlich getrieben. Anleihen-Guru Bill Gross sagte, dass die US-Staatsverschuldung in Höhe von mehreren Billionen US-Dollar wie eine „Supernova“ explodieren und die Finanzmärkte schockieren könnte.

Japan hat beispielsweise bereitwillig einen negativen Zinssatz akzeptiert, um Bankdarlehen und Eigenkapitalinvestitionen zu erzwingen, während deutsche Staatsanleihen bereits seit einiger Zeit negative Renditen abwerfen. Dem derzeitigen Fitch Ratings zufolge sind US-Staatsanleihen in Höhe von 9,5 Billionen US-Dollar mit negativen Zinsen im Umlauf. Jim Rogers sagt daher voraus, dass schon deswegen innerhalb eines Jahres der Aktienmarkt zusammenbrechen wird. Und zwar in einem Ausmaß, wie es die Welt bisher nicht erlebt hat.

6. – Dem globaler Immobilienrausch droht ein Einbruch

So wie die Billig- und Sonderkredite in den USA 2007 in einen spekulative überdrehten Immobilienrausch getrieben hatten, so vollziehen es aktuell die Wohnungsmärkten in Australien, Kanada, England, Deutschland und Neuseeland nach. Sie alle boomen hinein in irreale Wertbezüge. Die Deutsche Bundesbank warnt daher offen vor dem steigenden Risiko eines Immobiliencrashs. Dies könnte dann – ähnlich wie 2008/2009 – eine Kettenreaktion aus Kreditausfällen und Bankschieflagen auslösen.

7. – Zu viele Aktien sind auf Kredit gekauft

Wie am Vorabend des „Schwarzen Freitags“ von 1929 sind auch derzeit extrem viele Aktiendepots über Kredite finanziert. Dies verdeutlicht die Kennzahl „Margin Debt im Verhältnis zum S&P 500“. Sie drückt aus, um wieviel die Aktienkäufe auf Pump stärker gestiegen waren als der Anstieg des Aktienindex „Standard & Poor 500“. Beispiel 1929: Am Vorabend des „Schwarzen Freitags“ waren inflationsbereinigt um 81 Prozent mehr Wertpapiere auf Kredit gekauft worden, als die Börsen stiegen – peu à peu. Im Mai 2017 waren 93 Prozent. Besorgniserregend  ist auch das Verhältnis der Aktienkredite zum BIP. In den 1960ern und 1970ern lag dieses nie über 0,65 Prozent. Beim 1987er-Crash war es plötzlich 0,8 Prozent – um dann wieder auf 0,6 Prozent abzusinken. Am Vorabend zur „Dot.com“-Blase war dieses Verhältnis bereits 2,45 Prozent gestiegen, bei der Finanzkrise von 2007 immerhin noch 2,1 Prozent. Und heute? Heute sind es 2,8 Prozent. Historisch gesehen: gefährlich hoch.

Fazit

Eine Reihe von Börsengurus wie Bill Gross, George Soros oder Jim Rogers warnen schon seit einiger Zeit vor dem Crash – und liegen bis jetzt falsch. Rogers bekräftigte dieser Tage freilich seine negative Einschätzung. Die derzeit labile Wirtschaftslage biete den „perfekten“ Nährboden für eine Krise. Durch die überdurchschnittlich hohen Kurse an der Börse sei die Weltwirtschaft heutzutage anfälliger als zu Zeiten der letzten Finanzkrise im Jahr 2008. Die Aktienkurse seien sehr stark gestiegen – und das zu einer Zeit der hohen Staatsverschuldung und des geringen Wirtschaftswachstums. Es handele sich um eine klassische Blase durch zu billiges Geld. Rogers warnt darum, dass der Crash dort starten könne, wo man es am wenigsten erwarte – wie 2007 in Island. Aber auch die Pleite eines US-Rentenfonds könnte letztendlich den Startschuss für einen Ausverkauf an den Börsen geben.