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Emerging Markets unter Druck

Investitionen in Emerging Markets erfreuten sich in den ersten Monaten des Jahres einer zunehmenden Beliebtheit unter Investoren. Das spiegelt auch der MSCI Emerging Markets Index wider, der im ersten Quartal 2018 um 1,5 Prozent zulegen konnte. Doch wer auf das falsche Land gesetzt hat, könnte demnächst eine böse Überraschung erleben. Besonders im Fokus ist ein Land an der Grenze zu Europa.

BÖRSE am Sonntag

Investitionen in Emerging Markets erfreuten sich in den ersten Monaten des Jahres einer zunehmenden Beliebtheit unter Investoren. Das spiegelt auch der MSCI Emerging Markets Index wider, der im ersten Quartal 2018 um 1,5 Prozent zulegen konnte. Doch wer auf das falsche Land gesetzt hat, könnte demnächst eine böse Überraschung erleben. Besonders im Fokus ist ein Land an der Grenze zu Europa.

Von Sascha Sadowski

Ein erstarkender US-Dollar und steigende Zinsen in den USA könnten sich als gravierende Probleme für einige Schwellenländer erweisen. Insbesondere Länder mit einer hohen Inflation reagieren laut einer Studie des Federal Reserve Board sensibel auf Veränderungen dieser beiden Werte. Die beiden Wirtschaftsforscher Matteo Iacoviello und Gaston Navarro werteten für ihre Studie Daten von 1965 bis 2016 aus und stellten fest, dass eine Anhebung der US-Zinsen um ein Prozent das Bruttosozialprodukt von Schwellenländern um rund 0,8 Prozent fallen lässt, während in den USA nur ein durchschnittlicher Einbruch von 0,7 Prozent zu verzeichnen war. Betrachtet man nur die Länder mit einer starken Inflation und einer hohen Verschuldung, kann sich dieser Wert sogar mehr als verdoppeln.

Besonders gefährdet sind derzeit Argentinien und die Türkei, deren Währungen aktuell schlecht dastehen. Argentinien musste sogar bereits um ein Darlehen des Internationalen Währungsfonds IWF bitten, um die stetige Abwertung des Peso auszugleichen – ein schlechtes Zeichen, nachdem das Land endlich wieder das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewonnen hat. Argentinien hatte nach der Staatspleite Anfang der 2000er Jahre lange gebraucht, um sich wieder Geld an den internationalen Finanzmärkten besorgen zu können.

In der Türkei hingegen schadet der Wahlkampf der eigenen Währung. In dieser Woche sorgte Recep Tayyip Erdogan mit einem TV-Interview sogar für einen Sturzflug der türkischen Lira. Der türkische Präsident möchte die Notenbank stärker an die Kandare nehmen und sie unter seine Kontrolle bringen, vorgeblich um die Bürger in der Türkei vor einer seiner Meinung nach fehlgeleiteten Geldpolitik zu schützen. Erdogan möchte so niedrigere Zinsen durchsetzen, was jedoch angesichts der stark gestiegenen Inflation fatal für die Türkei wäre“. Mit einer Inflationsrate von über zehn Prozent ist das Land derzeit weit von den für eine stabile Währung angestrebten zwei Prozent entfernt.

Türkei: Währung im Sinkflug

Die letzten Äußerungen sind dabei nur ein weiteres Puzzlestück. Die Lira ist bereits seit Monaten im Sinkflug und mit ihr die türkische Wirtschaft. Die steigenden Zinsen in den USA lassen Investoren im Westen wieder verstärkt in die Industrienationen blicken und so fließt immer weniger des für die Türkei so wichtigen ausländischen Kapitals ins Land. Hinzu kommt, dass Importe angesichts der schwachen Lira immer teurer werden, was auch die Verbraucherpreise ansteigen lässt und die Inflation weiter nach oben treibt. Zusätzlich wird es immer schwieriger für die Türkei, sich Geld an den Finanzmärkten zu besorgen. In dieser Situation nun noch die Zinsen deutlich zu senken, um Wahlkampfversprechen einzulösen, dürfte sich als katastrophal erweisen.

Doch nicht nur diese beiden Länder könnten sich durch den starken Dollar und die steigenden US-Zinsen verwundbar zeigen, auch die Ukraine oder Südafrika könnten betroffen sein. All diese Länder zeichnen sich durch einen hohen Kapitalbedarf, geringe Währungsreserven und unsichere Wirtschaftsbedingungen aus. Zusätzlich spielen die Inflation und die Staatsverschuldung eine Rolle. Länder, die Kredite in Dollar am Finanzmarkt aufgenommen haben, leiden unter höheren Zinsen in den USA und einem im Vergleich zur eigenen Währung starken Dollar natürlich umso mehr, denn es wird für sie schwieriger, diese zu bedienen. Kommt dann noch ein erhöhter Kapitalbedarf hinzu, der die Länder dazu zwingt, sich weiteres Geld zu besorgen, geraten sie schnell in eine Spirale, die zu immer höheren Schulden führt. Das gleiche gilt natürlich auch für die Unternehmen in diesen Staaten, wenn die Landeswährung immer weniger wert ist und wichtige Rohstoffe importiert werden müssen.

Einen Grund, Investitionen aus diesen Ländern sofort abzuziehen, sieht der Experte aber noch nicht. Solange der IWF unterstützend eingreifen kann und die jeweilige Regierung die richtigen Stellschrauben dreht, dürfte die Lage in diesen Ländern derzeit zumindest halbwegs stabil bleiben. Ein Verlust von Investorengeldern wie Anfang des Jahrtausends in Argentinien ist derzeit nicht zu befürchten. Trotzdem sollte man die Entwicklung genau im Auge behalten, insbesondere in der Türkei, um im Zweifelsfall den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg nicht zu verpassen.

Sascha Sadowski ist Finanzmarktexperte beim Online-Broker Lynx.