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Das ist eine Kaufgelegenheit

Die Börse sei zu pessimistisch, meint Christian Kahler von der DZ Bank. Mit dieser Einschätzung steht der Chef-Anlagestratege nicht allein dar. Immer mehr Experten sehen jetzt gute Einstiegschancen für Anleger. Wie geht’s also 2019 weiter?

BÖRSE am Sonntag

Die Börse sei zu pessimistisch, meint Christian Kahler von der DZ Bank. Mit dieser Einschätzung steht der Chef-Anlagestratege nicht allein dar. Immer mehr Experten sehen jetzt gute Einstiegschancen für Anleger. Wie geht’s also 2019 weiter?

Neun Jahre stiegen die Aktienmärkte, unterbrochen von Phasen mit sinkenden Kursen. Doch damit könnte nun Schluss sein. Seit Monaten ist ein Trend zu beobachten, der dem Dax nachhaltig schadet. Anleger nutzen steigende Kurse, um Aktien sofort wieder zu verkaufen. Die Konsequenz: Kurse fallen anschließend auf ein noch tieferes Niveau. Sind die Zeiten vorbei, in denen Rücksetzer eine willkommene Gelegenheit waren, um einzusteigen?

Weiter in Moll

Auf das Jahr 2019 blicken Aktionäre so düster wie noch nie – nicht einmal in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 waren private und professionelle Anleger so pessimistisch wie jetzt. Das belegt eine Umfrage des Börsenanalysehaus Sentix. Im Durchschnitt sehen die rund tausend Befragten den Dax in einem Jahr knapp ein Prozent niedriger als zum jetzigen Zeitpunkt. Für die europäische, amerikanische und japanische Börse sagt der Finanzdatenspezialist sogar noch stärker fallende Kurse voraus. „Die längste Aktienhausse aller Zeiten geht zu Ende“, prognostiziert Sentix-Geschäftsführer und -gründer Patrick Hussy. „Nach einer stärkeren Verkaufswelle im ersten Quartal und einer raschen Erholung im zweiten und dritten Quartal wird es bis zur Jahreswende 2019 turbulent und in Moll weitergehen.“ Ähnlich sieht es auch der Börsenexperte Manfred Bucher von der BayernLB. „Vor allem mit der Abschwächung der US-Konjunktur ab Mitte 2019 wird sich das Umfeld für Aktien stärker eintrüben.“ Insbesondere der Dax, dessen exportorientierte Unternehmen stark von der Entwicklung der Gesamtwirtschaft abhängen, werde darunter leiden.

Auch die LBBW, die Landesbank Baden-Wüttemberg, rechnet 2019 mit deutlichen Kursschwankungen. Zwar würde sich der Dax von seinem derzeitigen Tief noch einmal erholen, aber bis Mitte des kommenden Jahres seinen Höhepunkt von 13.000 Punkten bereits erreicht haben, wie der Chefvolkswirt Uwe Burkert in Stuttgart erläutert. Nach einem guten ersten Halbjahr dürfte sich der Börsenhimmel anschließend eintrüben, Burkert weiter.

Weniger schwarz malt die DZ Bank das kommende Jahr. „Die Stimmung an der Börse ist derzeit zu pessimistisch“, meint der Chef-Anlagestratege Christian Kahler. „In den aktuellen Kursen ist eine Rezession eingepreist, die wir aber nicht sehen.“ Der lange Konjunkturaufschwung neige sich seinem Ende zu, führe aber nicht zwangsläufig zu einer Rezession. Auch Chefvolkswirt Stefan Bielmeier geht davon aus, dass die Wachstumsraten bis 2024 zwar niedriger seien als in den letzten Jahren, danach aber eine Belebung der Konjunktur folgen würde. 13.300 Punkte wird der Dax nach Einschätzung der beiden DZ Bank-Experten am Ende des kommenden Jahres erreichen.

Leichte Entspannung im Handelsstreit

Gute Nachrichten vom Handelsstreit zwischen den USA und China tragen den deutschen Aktienmarkt diese Woche. An den Märkten wurde positiv aufgenommen, dass sich die Signale für eine Einigung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt mehren. China scheint den USA beim Thema Autozölle entgegenzukommen. Auch die in Kanada festgenommene Finanzchefin des chinesischen Technologiekonzerns Huawei, Meng Wanzhou, ist vorerst gegen eine Kaution von 6,6 Millionen Euro freigekommen. Von diesen Nachrichten profitieren die Kurse der Autohersteller BMW, Daimler und Volkswagen. Am Mittwoch lag der Dax zum Handelsschluss 1,4 Prozent im Plus bei 10.929 Punkten.

Beflügelt wurde der Dax außerdem von einem Bericht der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg über eine Fusion von der Deutschen Bank und der Commerzbank. Danach will die Bundesregierung das Zusammengehen der beiden größten Banken des Landes erleichtern, möglicherweise sogar durch Gesetzesänderung. Es ginge vor allem darum, dass der Zusammenschluss der Institute, verbunden mit einer Neu-Bewertung von Aktiva, weniger kostspielig werden soll, heißt es aus dem Umfeld des Finanzministeriums.

Trotz der verheißungsvollen Meldungen dieser Woche, steht dem Dax ein schwieriges Jahr bevor. Für Anleger stellen die gegenwärtigen Verwerfungen aber gleichzeitig eine günstige Gelegenheit für den Einstieg dar – auch wenn die Schwankungen an den Märkten weiter zunehmen werden. Das Musterportfolio der DZ Bank zeigt wie Anleger trotz der großen Unsicherheiten investieren könnten: 51 Prozent Aktien und 49 Prozent Euro-Staatsanleihen mit Laufzeiten zwischen 5 und 7 Jahren. Im Aktienanteil befinden sich am stärksten gewichtet die im DJ-Global-Titans-50-Index zusammengefassten größten börsennotierten Unternehmen der Welt. An zweiter Stelle folgen chinesische Anteilsscheine und an dritter Stelle der Dax. Christian Kahler, Anlagestratege bei der DZ Bank hält aber nicht alle Branchen für vielversprechend. Europäische Banken – und das gelte auch für die deutschen Banken – würden sich in einem ungünstigen Umfeld bewegen. Auch die Automobilindustrie sieht der Analyst kritisch. Zwar seien die Aktien von Volkswagen und Co. stark unterbewertet, aber würden im Vergleich zu den Indizes überdurchschnittlich starke Kursschwankungen zeigen.

Florian Spichalsky