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Schwellenländerwährungen: stabil trotz US-Zinsanstieg?

Die Fed hat gesprochen, und im Sonnenschein erstrahlt das Bankgebäude in Washington. Den USA schaden moderat steigende Zinsen nicht, für die Schwellenländer war eine restriktivere US-Geldpolitik in der Vergangenheit jedoch häufig eine schlechte Nachricht. Steigende Zinsen in den USA führten oft dazu, dass Kapital aus den vergleichsweise riskanten Schwellenländern abgezogen wurde – woraufhin auch deren Währungen zum Teil massiv unter Druck gerieten. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, warnt die Anleger vor Risiken.

BÖRSE am Sonntag

Für die Schwellenländer war eine restriktivere US-Geldpolitik  in der Vergangenheit häufig eine schlechte Nachricht, denn steigende Zinsen in den USA führten oft dazu, dass Kapital aus den vergleichsweise riskanten Schwellenländern abgezogen wurde – woraufhin auch deren Währungen zum Teil massiv unter Druck gerieten. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, warnt die Anleger vor Risiken.

Von Ulrich Stephan

Am 15. März war es soweit: Die US-Notenbank Fed hat ihren Leitzins um einen Viertel Prozentpunkt auf jetzt 0,75 bis ein Prozent erhöht. Im Vorfeld war dieser Schritt von vielen Marktteilnehmern erwartet worden – weshalb heftigere Reaktionen an den Märkten ausblieben. Unbedeutend war die Entscheidung der Fed damit aber keineswegs. Vielmehr bestätigt sie die konjunkturellen Entwicklungen und die Tatsache, dass die expansive Geldpolitik immer weiter zurückgefahren wird. Doch des einen Freud ist des anderen Leid: So war für die Schwellenländer in der Vergangenheit eine restriktivere US-Geldpolitik häufig eine schlechte Nachricht – denn steigende Zinsen in den USA führten oft zu Kapitalabflüssen. 2013 zum Beispiel kündigte der damalige US-Notenbankchef Ben Bernanke die Abkehr von der lockeren US-Geldpolitik an. Allein die Aussicht auf höhere Zinsen in den USA veranlasste zahlreiche Investoren, Kapital aus den vergleichsweise riskanten Schwellenländern abzuziehen – woraufhin auch deren Währungen zum Teil massiv unter Druck gerieten.

Vier Jahre später stellt sich die Situation allerdings anders dar: Die Schwellenländerwährungen präsentieren sich aktuell vergleichsweise stabil. So gab der JP Morgan EM Currency Index – die Benchmark für die Entwicklung von Schwellenländerwährungen – im Vorfeld der Fed-Sitzung im März zwar nach, konnte die Verluste im Anschluss jedoch wieder kompensieren. Auf Jahressicht konnte der Index sogar zulegen. Die Deutsche Bank geht aktuell nicht davon aus, dass der Zinserhöhungszyklus in den Vereinigten Staaten die Schwellenländerwährungen insgesamt nachhaltig unter Druck setzen dürfte.

Ein Grund für die derzeit bestehende Stabilität der Schwellenländerwährungen liegt darin, dass die nominalen Zinsen in den USA bisher stärker gestiegen sind als die Realzinsen – schließlich zieht auch die Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt derzeit an. Die Währungen in den Schwellenländern reagieren jedoch in erster Linie auf die Entwicklung der realen Verzinsung.

Ein weiterer Faktor, der die Entwicklung der Schwellenländerwährungen stützen dürfte, ist die derzeit solide globale Konjunktur – getrieben insbesondere vom Wachstum in den USA und China. Diese Dynamik sollte weiterhin anhalten. Dafür sprechen beispielsweise die globalen Einkaufsmanagerindizes, welche sich bereits seit einigen Monaten im expansiven Bereich bewegen. Im Zuge dieser Entwicklung dürften sich zusätzlich auch die für viele Schwellenländer so wichtigen Rohstoffpreise weiter stabilisieren.

Nicht nur die globale konjunkturelle Lage deutet jedoch daraufhin, dass die Schwellenländerwährungen auf absehbare Zeit vergleichsweise stabil bleiben sollten – sondern auch die Situation in den Schwellenländern selbst: Viele Staaten haben seit 2013 ihre Inflation ab- und Währungsreserven aufgebaut. Dadurch konnte die Abhängigkeit von den USA ein Stück weit verringert werden. Das zeigte sich beispielsweise im Anschluss an die US-Wahl im November 2016: Zwar floss aufgrund gestiegener US-Kapitalmarktzinsen aus den Schwellenländern kurzfristig Kapital ab. Seit Beginn des Jahres verzeichnen die dortigen Kapitalmärkte allerdings wieder Zuflüsse. Diese Entwicklung könnte angesichts der beschriebenen positiven Rahmenbedingungen weiterhin anhalten – und entsprechend die Währungen stützen.

Insgesamt sieht die Deutsche Bank aktuell positive Perspektiven für Schwellenländerwährungen. Zwar ist nicht auszuschließen, dass sie doch noch unter Druck geraten könnten, falls die Leitzinsen in den USA schneller steigen sollten als erwartet. Davon ist derzeit jedoch nicht auszugehen, die US-Notenbank dürfte angesichts der nach wie vor bestehenden politischen Unsicherheiten in den USA einen eher behutsamen Kurs verfolgen. So könnte ein Investment in den Schwellenländern für entsprechend risikobereite Anleger als Depotbeimischung interessant erscheinen, wenngleich die weiteren Entwicklungen hinsichtlich der US-Geldpolitik aufmerksam beobachtet werden sollten.

Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.