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US-Arbeitsmarkt sendet positive Signale

Beim ersten flüchtigen Blick auf die Arbeitsmarktdaten für März dürfte US-Notenbankchefin Janet Yellen ein Schreck durch die Glieder gefahren sein: Mit gerade einmal 98.000 neu geschaffenen Stellen – 82.000 weniger als erwartet – war der Schlussmonat des 1. Quartals 2017 der mit Abstand schlechteste seit Langem. Darüber hinaus wurden die Werte für Januar und Februar nach unten korrigiert. Was soll da positiv sein? Ulrich Stephan ordnet ein.

BÖRSE am Sonntag

Beim ersten flüchtigen Blick auf die Arbeitsmarktdaten für März dürfte US-Notenbankchefin Janet Yellen ein Schreck durch die Glieder gefahren sein: Mit gerade einmal 98.000 neu geschaffenen Stellen – 82.000 weniger als erwartet – war der Schlussmonat des 1. Quartals 2017 der mit Abstand schlechteste seit Langem. Darüber hinaus wurden die entsprechenden Werte für Januar und Februar nach unten korrigiert. Ulrich Stephan ordnet ein.

Bedenkt man, welch große Bedeutung die Entwicklungen am US-Arbeitsmarkt für die geldpolitische Ausrichtung der Fed haben, waren das eher unangenehme, da unerwartete Nachrichten für Yellen. Schließlich hatte sie in Anbetracht einer dynamischen US-Konjunktur und der bis dato guten Lage am heimischen Arbeitsmarkt erst Mitte März eine Leitzinsanhebung verkündet.

Bei näherer Betrachtung des Arbeitsmarktberichts dürfte sich der Schreck bei Janet Yellen dann aber recht schnell gelegt haben. Denn die insgesamt 533.000 neu geschaffenen Stellen im 1. Quartal sprechen für eine weiterhin robuste Entwicklung. Zumal die enttäuschenden Märzdaten maßgeblich der Witterung geschuldet sein dürften: Ungewöhnlich niedrige Temperaturen und heftige Stürme im Osten der USA sorgten insbesondere im Baugewerbe für einen nur geringen Beschäftigungsaufbau.

Während der Stellenaufbau im März spürbar hinter den Erwartungen zurückblieb, ist die Entwicklung rund um die Arbeitslosenquote positiv zu werten. Diese fiel von 4,7 Prozent im Februar auf 4,5 Prozent im März und erreichte damit den niedrigsten Wert seit Mai 2007 – ein Niveau, das nahe der Vollbeschäftigung liegen dürfte. Weniger neu geschaffene Stellen, aber eine sinkende Arbeitslosenquote mögen auf den ersten Blick paradox erscheinen, dies hat aber einen Grund: Die Basis bilden zwei unterschiedliche Datenquellen. Die Jobzahlen werden aus einer Arbeitgeberumfrage gewonnen, die Arbeitslosenquote aus einer Haushaltsumfrage.

Ähnlich wie die Arbeitslosenquote nahm zudem der von der Fed stark beachtete Anteil „unterbeschäftigter Personen“ ebenfalls spürbar ab und lag auf seinem niedrigsten Stand seit Ende 2007. Als unterbeschäftigt gelten Personen, die unfreiwillig weniger Arbeitsstunden absolvieren als die Durchschnittsarbeitszeit aufweist und während der Referenzperiode eine zusätzliche Arbeitsstelle gesucht haben.

Die Deutsche Bank sieht in den US-Arbeitsmarktdaten des 1. Quartals insgesamt eine Bestätigung der geldpolitischen Maßnahmen der Fed und rechnet mit einer Fortsetzung des eingeleiteten Zinserhöhungszyklus in den USA. Das dürfte auch das Zinsniveau am Kapitalmarkt weiter nach oben bringen. Allerdings könnte dieses am Ende des Jahres etwas niedriger liegen als bislang erwartet. Grund dafür ist die Einschätzung, dass US-Präsident Donald Trump seine geplante Steuerreform sowie das angekündigte umfangreiche Investitionsprogramm nicht so schnell und reibungslos wird umsetzen können wie noch vor einigen Monaten gedacht. Entsprechende Signale sandte nicht zuletzt sein gescheiterter Versuch Ende März, die von seinem Vorgänger Barack Obama ins Leben gerufene Krankenversicherung („Obamacare“) abzuschaffen. Zum Jahresende 2017 rechnet die Deutsche Bank daher derzeit mit einer Verzinsung zehnjähriger US-Staatsanleihen von 2,75 Prozent.

Auch wenn das Zinstempo also etwas moderater ausfallen sollte, könnte das Zinsniveau in den Vereinigten Staaten insbesondere für entsprechend risikobereite Anleger aus dem Euroraum nach wie vor interessant sein. Schließlich bleiben die Zinsdifferenzen zwischen den USA und der Eurozone erheblich. Neben höheren Anleiherenditen könnte zudem die Währungskomponente für ein Investment jenseits des Atlantiks sprechen: Wenn der US-Dollar wie von der Deutschen Bank erwartet gegenüber dem Euro weiter an Stärke gewinnen sollte, besteht für Euroanleger – unter Berücksichtigung entsprechender Wechselkursrisiken – die Möglichkeit zusätzlicher Währungsgewinne.

Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.