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Abenteuer Kryptowährung: Bitcoins auf der Achterbahn

Vielleicht ist es eines der letzten großen Abenteuer der Menschheit: In den unermesslichen Weiten der elektronischen Parallelwelt unserer Zeit scheinen Werte nur darauf zu warten, „geschürft“ zu werden, gerade so, als seien solche Währungseinheiten wie Bitcoins nur in den elektrischen Strömen versteckt und könnten wie Schätze gehoben werden. Oder ist alles ein riesiger Betrug an gutgläubigen Investoren? Reinhard Schlieker hat da eine Vermutung.

BÖRSE am Sonntag

Vielleicht ist es eines der letzten großen Abenteuer der Menschheit: In den unermesslichen Weiten der elektronischen Parallelwelt unserer Zeit scheinen Werte nur darauf zu warten, „geschürft“ zu werden, gerade so, als seien solche Währungseinheiten wie Bitcoins nur in den elektrischen Strömen versteckt und könnten wie Schätze gehoben werden. Oder ist alles ein riesiger Betrug an gutgläubigen Investoren?

Von Reinhard Schlieker

Im Laufe des September ist das System Kryptowährung mal wieder in die Schlagzeilen geraten – gerade Bitcoin, die größte unter den etwa 900 existierenden Internetgeldsystemen vollführte riesige Sprünge. Seit Jahresbeginn bewegte sich der Kurs zwischen 3.000 Dollar und 5.300 Dollar – ein regelrechter Crash war Anfang September zu verzeichnen, danach erholte sich der Kurs. Bitcoins werden in komplizierten mathematischen Verfahren durch riesige Rechenkraft geschaffen – nach den Vorstellungen des bis heute anonymen Erfinders begrenzt das die Zahl der Coins, zumal es um so schwerer wird, welche zu erzeugen, je mehr es davon bereits gibt.

Zwischenzeitlich war es sogar mal fraglich, ob sich das „Mining“ überhaupt lohnt, da die dafür notwendige Hardware und die Kosten des notwendigen Stroms für Rechner und Kühlung womöglich den Wert es erzeugten Geldes übersteigen könnten. Dies ist zwar heute angesichts des Kursniveaus nicht mehr der Fall – aber der Zugang zu dem Prozess bleibt einer kleinen Gruppe von Profis vorbehalten. Das Attraktive an dem System: Jede Transaktion bleibt dezentral in zahlreichen Computern und Netzwerken gespeichert („Blockchain“) und ist jederzeit belegbar. Zahlungen auch rund um die Welt kosten nur Centbeträge und sind in Minuten abgeschlossen. Zwischenhändler, Banken und Vermittler bleiben außen vor – das ist natürlich mit ein Grund dafür, dass staatliche Stellen und Zentralbanken misstrauisch werden.

Der jüngste Kurssturz etwa wurde von der chinesischen Regierung ausgelöst, die die Schaffung neuer Kryptogelder schlichtweg verbot – das sogenannte ICO (Initial Coin Offering). Ein Schlag für Bitcoin, aber kein entscheidender. Im Windschatten der erfolgreichen Systeme entstehen allerdings auch immer wieder betrügerische Varianten, wo die Verwaltung in der Hand eines Unternehmens bleibt und jeder Anleger auf Gedeih und Verderb (meist Verderb) diesem Emittenten ausgeliefert ist. In der Schweiz wurde vor einigen Tagen ein Verein aus dem Verkehr gezogen, der mit „E-Coin“ eine Scheinwährung ausgegeben hatte. Schaden womöglich vier Millionen Franken – Verein und Hintermänner sind insolvent.

Derartige Betrugsfälle und die Undurchsichtigkeit der Systeme veranlassten auch die Bundesbank kürzlich, darauf hinzuweisen, dass sie Bitcoin und Konsorten keinesfalls als Währung ansehe sondern als riskantes Spekulationsobjekt, womöglich nur ein modernes Schneeballsystem. Denn selbst für etabliertere Währungen wie Bitcoin bleiben zahlreiche Risiken – neben den Kursmanipulationen vor allem gebrochene Versprechen: Entgegen dem Willen des Erfinders, die Zahl der Coins streng zu begrenzen, gab es bereits Abspaltungen, die die Zahl der im Umlauf befindlichen Coins im Verhältnis eins zu eins vermehrten: Bitcoin Cash heißt der jüngste Ableger. Dann gibt es noch Bestrebungen, die Speichermöglichkeiten für die Coins zu erhöhen, indem pro Block in der Blockchain mehr Speicherplatz eingeräumt wird. Während also kaum noch Profis Nutzen und Chancen der Kryptowährungen bezweifeln, bleibt das Feld für Anleger vermintes Gelände – selbst wenn sie nicht auf eindeutig betrügerische Coin-Erfinder hereinfallen.