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Alle sind schuld, und keiner

Die Staatsgläubigen haben publizistisches Oberwasser dieser Tage – es übertrifft der eine den anderen mit Vorschlägen, was man noch alles regulieren könnte, und überwachen, und verbieten. Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell Politiker und auch Kommentatoren bereit sind, die Marktwirtschaft in weiten Teilen über Bord zu werfen, wenn es einmal kritisch wird. Die Krise im Bankensektor hat ganz gewiss ihre Schuldigen auch in den diversen Finanzinstituten, die sich nun entweder der Konkurrenz oder dem Staat an die Brust werfen.

BÖRSE am Sonntag

Aber die Mitschuld der bereits in extenso vorhandenen staatlichen Regulierung wird noch nicht einmal thematisiert, untersucht oder gar nachverfolgt. Dabei ziehen sich Hinweise durch die ganze Krise seit ihren Anfängen, ja sogar die Lunte scheint in Washington gezündet worden zu sein. Es war nämlich erklärtes Ziel der Politik in den USA, über den Weg des Hauseigentums breite Schichten zu fördern. Man hatte festgestellt, dass viele erfolgreiche Leute ein Haus besitzen und den seltsamen Umkehrschluss gezogen, wer ein Hause habe, werde damit auch erfolgreich. Von da führte ursächlich ein Weg zu den berüchtigten Hypothekendarlehen, zumal die Regierung traditionell natürlich die Notenbank dazu drängt, die Zinsen möglichst niedrig zu halten. So kam also wirklich fast jeder, der es wollte, zu seiner Hypothek, teils zu verschleierten Konditionen. Nicht jeder verstand, dass seine Pleite schon in den Vergabebedingungen besiegelt war – mit anfangs einlullenden niedrigen Zinsen, die später rasant ansteigen sollten. Dass diese Hypotheken dann gebündelt in alle Welt verkauft wurden, war sicherlich ein monströses Versagen der Banken. Hinzu kam allerdings verschärfend das von den Ratingagenturen vergebene Prädikat für solche Wertpapiere – es soll sogar aktiven Verkaufsdruck seitens dieser Agenturen auf Banken gegeben haben. Ratingagenturen aber sind zwar privat, werden aber vom Staat wie unabhängige Institutionen behandelt, die sogar in offiziellen Richtlinien genannt werden (Basel II). Auch hier wieder Fehlweisungen durch staatliche Organe. In Deutschland schließlich engagierten sich vorzugsweise staatlich beeinflusste Institute beim Kauf jener Papiere, und als hätten sie geahnt, dass das keine gute Idee ist, gründeten sie Gesellschaften außerhalb der Bilanz dafür. Und wussten damit auch, dass es allein mit ihrer finanziellen Grundverfassung gar nicht möglich gewesen wäre, solche Aktionen zu starten. Die Aufsichtsgremien voller Politiker wussten nichts – obwohl eigentlich die ungewohnt hohen Gewinne zu Anfang hätten auffallen müssen. Die Liste ließe sich verlängern, offenbart aber schon so, dass es sich bei der politischen Attacke auf Bankmanager um einen typischen Fall von Glashaus-Steinewürfen handelt. Es wird sich rächen, denn die Politik zerstört mit den pauschalen Angriffen nun auch selbst noch einen Rest von Vertrauen – in der Bevölkerung wird nicht feinsinnig unterschieden nach einzelnen Missetätern an der Spitze einzelner Institute, sondern gern der Spruch von „denen da oben“, die doch samt und sonders nicht zuverlässig, dafür aber gierig seien, übernommen. Damit betreiben selbst Konservative das Geschäft der Linkspartei, und sie werden es bereuen. Denn ginge es nach einzelnen Äußerungen und Erkenntnissen selbst staatstragender Politiker, dann müsste die DDR eigentlich das erfolgreichste Staatsmodell der Geschichte gewesen sein. Dort gab es lückenlose staatliche Kontrolle, Gier war verboten und im Übrigen zwecklos, und alle waren außerdem gleich. Schade, dass dieser unangenehme Staatsbankrott das vielversprechende Experiment so brutal unterbrochen hat.