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BMW: Undank ist der Börsen Lohn...

Manchmal nützt es nichts, einfach „Kopf hoch!“ zu sagen, um einen besseren Ausblick zu haben. In der technologisch hochgerüsteten Pkw-Welt der besseren Kreise (wahlweise Sterne, Rauten, Propeller...) fällt so einiges an nicht Vorhandenem dann halt erst richtig auf.

Manchmal nützt es nichts, einfach „Kopf hoch!“ zu sagen, um einen besseren Ausblick zu haben. In der technologisch hochgerüsteten Pkw-Welt der besseren Kreise (wahlweise Sterne, Rauten, Propeller...) fällt so einiges an nicht Vorhandenem dann halt erst richtig auf.

Von Reinhard Schlieker

Beispielsweise das Fehlen eines hypermodernen „Head-Up-Displays“, das den Blick eines gut ausgestatteten Fahrers mit einem ebensolchen Automobil zum einen auf den Horizont gerichtet lässt, während es zum anderen die wichtigsten Fahrdaten übermittelt, etwa die Geschwindigkeit, mit der jener Horizont in Bälde unter die Vorderräder zu kommen verspricht. Diese Sonderausstattung, immerhin durchaus ein Gewinn an Sicherheit, wird einigen BMW-Fanseiten zufolge derzeit nicht mehr angeboten, jedenfalls nicht bei den Brot-und-Butter-Modellen im Paket mit anderen Innovationen. Dies wie auch das Einsparen an anderer Stelle reflektiert den mehr als ärgerlichen Computer-Chipmangel, der weltweit die Produktion behindert, natürlich keineswegs nur bei Autos.

Je computerähnlicher ein Erzeugnis, desto herber der Einschlag dieses unheiteren Blitzes, mit dem kaum jemand gerechnet hätte. Rund um den Globus wird hektisch designt und gefertigt, doch die Produktion der Kleinstteile erfordert mehr als nur mal eine schnell hochgezogene Fabrikhalle. So ist bei den industriellen Abnehmern einerseits Erfindungsgabe, andererseits Improvisationstalent gefragt. Französische Hersteller kehrten bei einigen Modellen bereits zu analogen Instrumententafeln zurück – da gilt es dann nur noch, dies per Marketing und PR als letzten Retro-Schrei zu verkaufen.

Apropos verkaufen: BMW, und eigentlich auch seine Aktionäre, können sich da nicht beklagen. Gerade erst erhöhten die Bayern ihre Jahresprognose, was die Marge ihrer Fahrzeuge angeht. Bis zu 10,5 Prozent Umsatzrendite werden in Aussicht gestellt, gut ein Prozentpunkt mehr als bislang prognostiziert. Das korrespondiert nun wiederum aufs Vorteilhafteste mit dem erwähnten Chipmangel: Was an Stückzahlen nun weniger vom Band läuft, kann dafür teurer verkauft werden. Solange Käufer noch auf Autos warten müssen, sind sie weniger geneigt, lästige Rabatte auszuhandeln. Noch besser sieht die Marge nur im Bereich Leasing, Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen aus. Hier glänzen die deutschen Hersteller ganz allgemein, BMW erwartet dieses Jahr nun 20 bis 23 Prozent Eigenkapitalrendite. Damit einher geht der voraussichtliche Jahresgewinn, der die Einbußen des schwarzen Coronajahrs 2020 mehr als vergessen machen soll, glaubt man den Prognosen.

Während sich die Autobauer in München und anderswo abrackern, ist der Undank der Börsenanleger offenbar das Einzige, was diesen als Lohn für die Mühe einfällt. Am Tag ebenjener Verheißungen rettete sich die BMW-Aktie nur mühsam aus dem Minus zu einem Mini-Plus und notierte weiterhin unter der 85-Euro-Schwelle. Schon seit Juni war es praktisch kaum gebremst bergab gegangen, erst in den letzten Tagen zeigte sich ein wenig Hoffnung im Chart. Vielleicht ein Trost und eine Chance für Anleger, die in der Nach-Corona-Rallye des Jahreswechsels 2020-2021 das Zugreifen verpasst hatten. Denn die Aussichten der deutschen Autobauer beschränken sich keineswegs auf bessere Heimaterlöse. BMW arbeitet offensiv am chinesischen Auftritt, und der umfasst zahlreiche Facetten. So wird man künftig den in China nicht recht reüssierenden Kooperationspartner Brilliance zu 75 Prozent auf die Bilanz nehmen können, mithin endlich das Sagen haben – für chinesische Verhältnisse ein kühnes Zugeständnis. Und: Angesichts des wachsenden Bedarfs vor allem an hochwertigen Pkw-Modellen und SUVs dort konkretisieren sich allem Anschein nach Überlegungen, einige höherklassige Modelle nicht mehr nur in den USA (X5), sondern künftig auch in China zu fertigen. Im Riesenreich gibt es genügend riesig Reiche für derlei Konsumangebote. Und ein weiteres: China macht derzeit keine Anstalten, Verbrennungsmotoren zu verbieten und beweist damit immerhin Einsicht in dortige wirtschaftliche Notwendigkeiten und die Gegebenheiten der Infrastruktur.

Genau genommen subventioniert dieser Markt also die teuren Elektrogelüste Europas, wo allerdings auch noch zahlreiche Überraschungen drohen. Zum Beispiel in Sachen Lade-Infrastruktur, oder auch in Hinblick auf die Strompreisentwicklung. Nicht jede Regierung ist bisher auf den genialen Kniff des französischen Präsidenten gekommen, der über den kommenden Winter höhere Strompreise einfach mal verboten hat. Im April sind Präsidentschaftswahlen, natürlich. Aber deutschen Politikern ist so etwas auch im Wahl-September nicht eingefallen. Das hätte allerdings auch ein hübsches Gelächter gegeben. In Frankreich meint man es ernst.

Also - auch wenn die Abhängigkeit der deutschen Hersteller vom asiatischen Markt kontinuierlich steigt, fahren BMW und Konsorten damit einstweilen sehr gut, daher die Devise: Kopf hoch. Auch wenn da kein Display zu sehen ist (vorerst).

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