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From China With Love

Fast 206 Milliarden Euro umfasste der Handel zwischen China und Deutschland im vergangenen Jahr – eine Zahl die 2021 etwa um diese Zeit durch eine weit niedrigere abgelöst werden dürfte. Denn die herrschende Virusepidemie und die Furcht vor deren Ausweitung samt aller bislang erdachten Eindämmungsmaßnahmen wird sich statistisch in niedrigeren Aktivitäten niederschlagen.

Fast 206 Milliarden Euro umfasste der Handel zwischen China und Deutschland im vergangenen Jahr – eine Zahl die 2021 etwa um diese Zeit durch eine weit niedrigere abgelöst werden dürfte. Denn die herrschende Virusepidemie und die Furcht vor deren Ausweitung samt aller bislang erdachten Eindämmungsmaßnahmen wird sich statistisch in niedrigeren Aktivitäten niederschlagen.

Von Reinhard Schlieker

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft sieht bereits Grundsätzliches in der Pipeline: So manches Unternehmen werde sich überlegen, ob es wirklich sinnvoll sei, so viel in China produzieren und zuliefern zu lassen, nur weil es damit billiger sei – also wieder mehr selbst machen? Das würde dann sicher zur Freude der Europäischen Zentralbank einen gewissen inflationären Druck aufbauen, denn „billig“ ist das Mantra einer ganzen Geschäftsgeneration. Ein wenig Ironie ist auch schon dabei, wenn man bedenkt, dass die deutsche Virusgeschichte bei dem Autozulieferer Webasto anfing, der eine Konferenz mit einer Teilnehmerin aus China veranstaltete, die unwissentlich Corona mitbrachte und wohl einen ersten Mitarbeiter ansteckte – der Rest ist bekannt. Hier wäre weniger wohl mehr gewesen, sprich, es hätte eine Videokonferenz wenigstens einmal ihre Vorteile voll ausspielen können, aber das ist nun passé. In Zeiten der Quarantäne wird dieses stets absolut zu Unrecht hochgelobte Mittel der Fernkommunikation im Gleichschritt mit telefonischem Kontakt noch einmal zu Ehren kommen (denn fernmündlich gehustet ist nicht ansteckend).

Wenn sich damit auch noch Geld sparen lässt, wäre es ein hoch willkommenes Rezept für den Autozulieferer und Technologiekonzern Continental. Dort herrscht Entsetzen, denn das Geschäft bricht in noch stärkerem Ausmaß zusammen als ohnehin schon erlebt und erwartet. Conti war so mit das erste deutsche Unternehmen der Branche , das gar nicht genug Hände zu haben schien, um all jene Reißleinen zu ziehen, die man hätte ziehen müssen. Arbeitsplatzabbau, Umstrukturierung, Schwerpunktverlagerung. Die deutsche Autoindustrie konnte hier sehen, oder hätte zumindest sehen können, wohin eine konzertierte Aktion aus Weltwirtschaftsverlangsamung und deutsche Politik hinführen kann. Dass herkömmliche Autos simpel elektrisch gestrickt statt hightech-mäßig immer mehr aufgemotzt werden, ist der Zeitgeist. Ob Continental nun in den vergangenen Jahren blauäugig Zukäufe über Wert tätigte, oder einfach nur Pech hatte – geschenkt. 1,9 Milliarden Verlust für 2019 sprechen eine Sprache für sich. Der bedrückende Ausblick für 2020 auch.

Da ist es derzeit fast müßig, das Ausmaß der Corona-Infektionen vorhersehen zu wollen, und ob es nun ab Herbst überstanden sein wird oder erst noch viel schlimmer werden muss – analog zum alten Spruch, „was zählt, sind nicht Tatsachen, sondern Meinungen über Tatsachen“ kann man derzeit höchstens feststellen: Egal wie gravierend dieser Verwandte des Grippevirus noch durchs Weltgeschehen pflügen wird, die Angst, Panik oder mitunter Hysterie schaffen es schon fast ganz allein, dass Gewohntes durcheinandergewirbelt wird und Erwartetes kurz vor dem Eintreffen scharf abbiegt. Die Frage ist wohl eher, ob die Meinungen über den Virus länger ansteckend sein werden und ohne Gegenmittel bleiben als der Erreger selbst. Vermutlich, auch wenn das etwas zynisch klingen mag, geht das genau so lange, wie nichts anderes auftaucht, was die Öffentlichkeit mehr erschreckt. Für die Wirtschaftswelt ist das allerdings auch ein eher schwacher Trost.