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Elefantentanz

Wer als Kleinanleger derzeit VW-Aktien hält, dies vielleicht sogar schon sehr lange und möglicherweise seit der Privatisierung in den sechziger Jahren, der erlebt im Moment eine Reihe von Achterbahnfahrten, die er niemals gebucht hätte. Wenn man ihn denn gefragt hätte. Der Konzern nährte sich redlich über die Jahrzehnte, hatte manche Erfolgsgeschichte zwischen Käfer und Golf, und bescherte immer auch eine ordentliche Dividende (die darf man generell erwarten, wenn der Staat irgendwie als Großaktionär dabei ist, denn der braucht immer Geld).

BÖRSE am Sonntag

Was da mit dem langweiligen Investment so los sein kann, erfuhr der staunende Laie zwischen dem 26. Oktober und dem 3. November 2008. Vor dieser Zeitspanne war die Aktie 210, danach 393 Euro wert. Zwischendurch aber auch mal 905 (Schlusskurs), für einige Momente sogar über 1000 Euro. Der kometenhafte Aufstieg am 28.10.2008 war keineswegs auf ein sensationelles neues Automodell zurückzuführen. Die Porsche-Spekulanten aus Zuffenhausen hatten mit ihren Optionsgeschäften für eine plötzliche Knappheit auf dem Markt für VW-Aktien gesorgt und manche Anleger, die sich entsprechend positioniert hatten, zum Kauf von völlig überteuerten VW-Anteilen quasi gezwungen. Als der Spuk nach ein paar Tagen vorbei war, konnte man den privaten Anteilseignern eigentlich nur wünschen, dass sie möglichst alle an jenem Tag verkauft haben mögen – die Erfahrung lehrt, dass dies nicht der Fall war. Aber auch die knapp vierhundert Euro des 3. November hätte heute gern mancher wieder, denn VW notiert im Moment nicht einmal bei einem Viertel dieses Wertes. Nun geht die Chose aber weiter. Seit Jahren tanzen die Elefanten rund um Porsche und VW, und obwohl schon viel zertrampelt ist, hat man den letzten Walzer wohl noch nicht gehört. Porsche meldete in diesen Tagen einen Rekordverlust von 4,4 Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr (31. Juli). Das ist besonders misslich, denn den Schaden trägt erklärtermaßen VW, mit deren Aktien und der Spekulation darauf durch Porsche der Verlust überhaupt erst entstanden ist (nach gewaltigen Buchgewinnen, und deren Belohnung an das Management, im Vorjahr). Wer das alles zahlt? Wohl die Vorzugsaktionäre von Volkswagen. Denn zum einen will VW durch Ausgabe neuer Vorzüge mindestens acht Milliarden Euro in die Kasse holen. Zum anderen werden die Vorzugsaktionäre schon jetzt belastet, weil einer der Elefanten der Runde, nämlich das Emirat Katar, letzte Woche sage und schreibe ein Viertel aller überhaupt existierenden Vorzugaktien auf den Markt geworfen hat. Von dem darauf unweigerlich folgenden Kursdesaster waren auch die Stammaktien betroffen, die nun deutlich unter hundert Euro notieren. Katar besitzt nun noch ein weiteres Viertel der VWVorzüge – nur eine Frage der Zeit, wann die ebenfalls unters Volk gebracht werden. Denn Katar will erklärtermaßen nur Aktien mit Stimmrecht halten, auf Dauer. Da können sich Privatanleger nur noch anschnallen und abwarten. Einzige Hoffnung: Irgendwann mögen die Vorzüge in den DAX aufsteigen, weil bei VW die Stämme kaum noch frei gehandelt werden – die Vorzugsaktien hingegen immer stärker. Dank Katar. Aber das ist ein schwacher Trost.