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Früher war alles besser!

In Griechenland hat man jeden Grund, der entfernten Vergangenheit nachzutrauern. Das einst mächtige Land der Antike ist ein Schatten seiner selbst, will das aber nicht wahrhaben. Dort, wo die größten Werke der abendländischen Philosophie entstanden, die versuchten, sich solchen Begriffen zu nähern wie Tugend, Gerechtigkeit, Demokratie – dort herrscht Korruption und Selbstsucht, Schlendrian und Vetternwirtschaft. Das sind Fakten, die nicht einmal Premier Giorgios Papandreou noch leugnet. Er hat gar keine Wahl – zu offensichtlich sind die Fakten.

BÖRSE am Sonntag

In Griechenland hat man jeden Grund, der entfernten Vergangenheit nachzutrauern. Das einst mächtige Land der Antike ist ein Schatten seiner selbst, will das aber nicht wahrhaben. Dort, wo die größten Werke der abendländischen Philosophie entstanden, die versuchten, sich solchen Begriffen zu nähern wie Tugend, Gerechtigkeit, Demokratie – dort herrscht Korruption und Selbstsucht, Schlendrian und Vetternwirtschaft. Das sind Fakten, die nicht einmal Premier Giorgios Papandreou noch leugnet. Er hat gar keine Wahl – zu offensichtlich sind die Fakten.

Beim Weltwirtschaftsforum Ende Januar in Davos versuchte er bereits, zusammen mit seinem Finanzminister Papakonstantineou die Wogen bei den Mit-Europäern zu glätten. Jetzt, einen Monat später, sieht man an der Finanzlage Griechenlands, dass die Anstrengung offensichtlich nicht gereicht hat. Im Gegenteil: Die Schulden Griechenlands werden mehr, sie zu bedienen, wird immer teurer. Wenn sich bis April nichts Grundlegendes geändert hat, braucht Griechenland allein für die Zinszahlungen drei Milliarden mehr als heute, so die momentanen Schätzungen. Deutsche Banken, die bei griechischen Staatspapieren engagiert sind, hüten sich offenbar vor weiteren Investitionen. Etwa zehn Prozent der griechischen Staatsschulden sind bei deutschen Instituten im Depot: Darunter, natürlich, die Hypo Real Estate. Die verstaatlichte Bank kann eine Herabstufung der Bonität ihrer Anlagen gerade gebrauchen. So gesehen, hält die Bundesrepublik Deutschland über ihre verstaatlichten Banken, darunter ja die Commerzbank, etwa 12 Milliarden Euro griechische Papiere. In Athen hat man aber offenbar den Schuss nicht gehört. Wenn man sich vor Augen hält, dass sich das Land ohnehin nur auf der Basis von Lug und Trug in die Eurozone gemogelt hat, seither jedes einzelne der Maastricht-Kriterien durchgehend verletzt, mutet es schon seltsam an, dass neben einem Generalstreik (der nicht billig war) besonders anti-deutsche Ressentiments in der Öffentlichkeit aufwallen. Denn die Kriegsfolgendebatte war eigentlich schon in den fünfziger Jahren weitgehend beendet, eine Entschädigung, in zugegebenermaßen lächerlicher Höhe, wurde 1960 vereinbart und bezahlt, und damit hätte es nun eigentlich mal gut sein können. Dass man die Schuld, die Deutschland im Krieg auch auf dem Balkan auf sich geladen hat, nicht mehr wird gutmachen können, ist eigentlich jedem klar. In der Finanzkrise Griechenlands hat diese Diskussion nichts zu suchen, es grenzt ja geradezu an Verhöhnung der Opfer. Außerdem ist Deutschland keineswegs der einzige Euro-Staat, der sich um die griechische Krankheit sorgt – es sind natürlich alle, denn das Währungsprojekt Euro ist ein gemeinsames, und wenn tatsächlich Griechenland schuld sein sollte, dass die Währungsunion zusammenbricht, wird sich das Land vor unfreundlichen Nachbarn gar nicht retten können. Womöglich wäre es gut, diese zuvor nicht auch noch zu beschimpfen. Auf einem ganz anderen Blatt steht – wieder einmal – das Verhalten der Banken. Da wird noch einiges aufzuarbeiten sein: Wie sie einerseits Kapital schlagen aus der griechischen Misere, andererseits als Dienstleister auftreten, und zum Schluss noch gegen Griechenland spekulieren. Aber, man weiß ja: Ist der Ruf erst ruiniert ...