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Wenn Schaden nicht klug macht

Milliarden und Abermilliarden kostet der zunehmend absurde Handelskrieg des amerikanischen Präsidenten gegen den Rest der Welt.

BÖRSE am Sonntag

Milliarden und Abermilliarden kostet der zunehmend absurde Handelskrieg des amerikanischen Präsidenten gegen den Rest der Welt.

Von Reinhard Schlieker

Hätte Donald Trump nicht seine Vendetta gegen die Chinesen losgetreten, das Pazifik-Freihandelsabkommen in die Tonne getreten, und sich dann im In- und Ausland neue Feinde nach Belieben ausgesucht, so wäre auch das jüngste Votum der OECD zu den Subventionen für Airbus durch die Europäer kein Aufregerthema geworden: Als Einzelaspekt hätte man das mehr oder weniger geräuschlos regeln können; die Tatsache, dass amerikanische Flugzeughersteller indirekt ebenfalls staatlich gefördert werden, hätte sicherlich zu einer ausgleichenden Lösung führen können. Nicht so mit Trump, aber eben auch nicht mit den Europäern, deren Nationalstaaten unter der schützenden Decke der Europäischen Union mauscheln und mauern, dass es nur so seine Art hat.

Kleinliche nationale Wirtschaftsinteressen werden da verbrämt zu Schicksalsfragen und zementieren doch nur den Status Quo, der sich in der Regel als Hemmnis für Innovation und Weiterentwicklung erweist. Die Zollfestung Europa schützt diese kleinteiligen Interessen – vermeintlich – mit Importzöllen auf teils aberwitzige Produktkategorien. Beispiel Frankreich: Das Land hat offenbar vor, abseits weniger Zentren mit Paris an der Spitze, auf Dauer als wichtiger Agrarstaat wahrgenommen zu werden. Nur so kann man es verstehen, dass auf Druck des Landes die EU auf auswärtige Agrarprodukte bis zu 18,3 Prozent Zoll erhebt, was nebenbei bemerkt nicht nur amerikanische Landwaren draußen halten soll, sondern auch die dringend notwendigen Handelsgüter aus der Dritten Welt fernhält. Kein afrikanisches Land kann da preislich noch mithalten, was politisch gesehen auch den europäischen Einfluss auf dem womöglich nächsten Wachstumskontinent auf Dauer gering hält.

China ist da längst weiter und wird da sein, wenn es einst etwas zu verdienen gibt. Nun haben die Amerikaner von ihrem durch die WTO abgesegneten Recht Gebrauch gemacht, zehnprozentige Zölle auf Flugzeuge und Komponenten zu erheben – Airbus mit einem wichtigen Sitz in Frankreich wird den Schaden haben, dessen Arbeitnehmer ebenfalls. Das ist für Europa weitaus schädlicher als die ebenfalls erhobenen Strafzölle auf Wein und Käse, die sich natürlich vor allem gegen Frankreich richten, wenn auch die deutsche „Liebfraumilch“ im US-Supermarkt nun ebenfalls zum Delikatessenpreis über die Theke geht. Die Amerikaner wiederum wären gut beraten gewesen, die Importzölle lediglich jeweils auf den Satz der Europäer anzuheben – eine gute Ausgangsbasis für Verhandlungen über die Abschaffung solcher Zölle insgesamt. Bekanntlich wurde seitens der europäischen Gemeinschaft der Unwilligen das transatlantische Freihandelsabkommen verhindert, als man in Washington noch einen Präsidenten hatte, der es unterzeichnet hätte. Viele der damaligen Protestler zahlen heute (hoffentlich) selbst den Preis dafür, französische Winzer und Käsereien an vorderster Front.

Natürlich zahlen am Ende die Verbraucher, soweit sie nicht ausweichen können. Die unentschlossen pessimistische Börsenstimmung dieser Tage weist voraus auf den Wertverlust zahlreicher Industrien, die auf Exporte angewiesen sind. Und da kommt dann auch Deutschland ins Spiel: Werkzeuge und Maschinen stehen nämlich ebenfalls auf der neuen Strafliste. Bei Autos berät die Jury noch, sozusagen. Aber die Stimmung ist nicht gut. Es wäre an der Zeit, dass Brüssel, wie schwer es auch fallen mag, von sich aus die Spirale unterbricht, und nicht, wie der deutsche Außenminister etwa in etwas kurzschlüssiger Weise, sich in Rage bringt. Immerhin wird durch allein die Verwerfungen zwischen den USA und China die Wirtschaftsleistung der Welt im kommenden Jahr um etwa 700 Milliarden Dollar geschädigt – sagt der Internationale Währungsfonds. Es gibt ganze Volkswirtschaften, die das oder auch weit weniger erwirtschaften pro Jahr, nur mal als Vorstellung. Das BIP der Schweiz etwa liegt auf diesem 700-Milliarden-Niveau. Die Beeinträchtigungen durch die neueste Streitrunde sind dabei noch gar nicht bezifferbar. Zeit, dass mal jemand aus Schaden klug wird.

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