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Kurioses in der Krise

Die gerade vom amerikanischen Steuerzahler mit Milliardenzuschüssen gerettete Versicherung hielt es für angemessen, dass sich die Manager mit Wellness am Pool und Galadinner mal ein wenig erholen konnten. Da ist es nur folgerichtig, dass nun auch eine standesgemäße Fuchsjagd in Großbritannien auf dem Plan stand. Die US-Regierung schäumt, aber was hilft das.

BÖRSE am Sonntag

Die gerade vom amerikanischen Steuerzahler mit Milliardenzuschüssen gerettete Versicherung hielt es für angemessen, dass sich die Manager mit Wellness am Pool und Galadinner mal ein wenig erholen konnten. Da ist es nur folgerichtig, dass nun auch eine standesgemäße Fuchsjagd in Großbritannien auf dem Plan stand. Die US-Regierung schäumt, aber was hilft das.

Die fröhliche Partymentalität bei AIG lässt ahnen, wie es zu den merkwürdigen Investitionen in wertlose Papiere kam und warum man bis zuletzt munter glaubte, das alles sei ja nicht so schlimm. Offenbar ist die Finanzkrise noch zu jung, um in den Denkprozessen der Beteiligten irgendeine Zäsur zu verursachen. Das gilt aber nicht nur für die Wirtschaft. Auch in der Politik besteht eigentlich kaum Anlass, sich nun besonders überlegen zu gebärden. Schließlich haben schon vor der Zusammenstellung des aktuellen Rettungspaketes einige Finanzinstitute Hilfe in Anspruch genommen, und zwar vorwiegend solche, die entweder in staatlicher Hand oder zumindest staatlich beeinflusst waren.

Von der SachsenLB über die WestLB bis hin zur KfW war da die Speerspitze des Desasters auszumachen. Was die zur Kontrolle berechtigten und verpflichteten Politiker dort versäumt haben, wollen sie nun offenbar im privaten Sektor nachholen: Mal ganz genau hinschauen, wo der Hase im Pfeffer liegt. Und damit das auch gründlich geschieht, und nicht etwa so wie bei den staatlichen Banken, werden strenge Regeln mit jedem denkbaren Geldsegen verbunden. Nicht nur, dass der Staat als Erwerber einiger Bankaktien die Rechte der übrigen Aktionäre aushebeln darf, nein, er bestimmt auch gleich die Gehälter der Spitzenbanker mit und sorgt für ein „seriöses Geschäftsgebaren“.

Hoffentlich etwas seriöser als bei der SachsenLB mit ihren Zweckgesellschaften. Alles in allem sind die Bedingungen bei der Vergabe von staatlichen Garantien oder Kapital so gestaltet, dass kein Banker, sei er noch ganz bei Trost, diese in Anspruch nehmen würde. Man darf getrost davon ausgehen, dass ein Bankvorstand, der keinen anderen Ausweg mehr sieht als den Gang zur Staatskasse, wohl gleichzeitig seinen Hut nehmen wird. Und nicht nur deshalb, weil er sein Gehalt auf mutmaßlich 500.000 Euro beschneiden lassen muss (da wird ein Job bei der KfW plötzlich attraktiv – dort bekommt der Vorstandsvorsitzende deutlich mehr, unterschrieben vom Finanzminister übrigens). Der Ruf einer Bank wäre sicherlich dauerhaft beschädigt, wenn sie sich als Geldempfänger outen müsste. Ganz ohne Reue können so was eben wirklich nur Banken tun, deren Ruf ohnehin nicht mehr zu beschädigen ist, wie etwa die Hypo Real Estate. Deren Chef wahrscheinlich Glück im Unglück hatte – Job weg, aber Ruhegehalt möglicherweise nicht. Und das liegt höher als das, was der Finanzminister aktiven Bankvorständen gönnt. Über all dem Hin und Her vergisst man beinahe, dass es da ja noch eine Finanzkrise gibt, gegen die all das mal wirken sollte. Davon ist bisher nichts zu sehen – dabei steht doch die Staatsknete schon seit einiger Zeit fest im Angebot. Im Vertrauen darauf hätte der Interbankenhandel längst wieder Fahrt aufnehmen müssen. Da er das nicht getan hat, ist für die Zukunft anzunehmen, dass Rettungsprogramme allein uns nicht retten werden. Wir dürfen von der Krise noch einige Pirouetten erwarten. Bis das so weit ist, unterhält uns Minister Gabriel mit seinem Kabarett „Kühlschränke für alle“. Viel Vergnügen!