Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Analysen >

Menschen, Browser, Sensationen

Der angebliche Kampf der Kulturen geht in die nächste Runde. Google fordert Microsoft auf dessen ureigenstem Markt heraus: dem der Betriebssysteme. Das ist durchaus bemerkenswert. Denn der Suchmaschinenbetreiber ist bis dato vor allem als internetaffin aufgefallen, weniger als PC-orientierter Lieferant von Software. Im Gegenteil – Google vertritt seit jeher die Auffassung, dass künftiges Computing über das Netz erfolgen werde, nicht über die heimische Festplatte. Nun ja: Der Aktienkurs machte einen Sprung, Microsoft verlor. Das will aber noch nichts heißen. Der Kampf wegen der Browser geht momentan zugunsten des kostenlosen „Firefox“ aus. In Europa hat Microsoft extreme Probleme mit seiner Verquickung von Betriebssystem und Internetzugang. Und weltweit stagniert die Nutzung von „Internet Explorer“.

BÖRSE am Sonntag

Und zwar völlig zu Recht. Das veraltete Instrument kann eigentlich gar nichts, außer Daten der Nutzer ins Nirwana zu schicken. Wer dieses Ding heute noch nutzt, um Bankgeschäfte zu betreiben, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Sicherheitsprobleme des Browsers sind Legion.

Wird denn ein eigenes Betriebssystem von Google Abhilfe schaffen? Große Frage. Google hat ja schon mit seinem eigenen Browser „Chrome“ keinen Markterfolg landen können. Es wird zur Überlebensfrage von Google, ob nun der Betriebssystem- Durchbruch gelingt. Das ist durchaus fraglich. Denn gegenüber dem Riesen aus Redmond hat Google seinen wichtigsten Vorteil längst verspielt: Den des Firmenwahlspruchs „Don’t be evil“. Das Reich des Bösen nämlich war bisher Microsoft, mächtig, technisch dominierend und Kundenwünsche konsequent ignorierend. Seit aber bekannt wurde, dass Google mit Vorliebe Nutzerdaten sammelt und speichert, und dies auch und vor allem mit Hilfe seines Browsers „Chrome“, seither also ist das „Don’t be evil“ etwas in Verruf geraten. Da helfen auch kostenlose Mahlzeiten für die Mitarbeiter und Spielautomaten im Pausenraum nicht weiter.

Nun wird Google Microsoft auf dem Markt der Betriebssysteme angreifen. Das klingt auf den ersten Blick sehr gefährlich. Ist es aber nicht. Zum einen wird das „Chrome OS“ noch eine Weile brauchen, bis es verfügbar ist. Zum anderen herrscht Microsoft mit seinem Windows derart unangefochten, dass alle anderen Nischenplayer bleiben werden. Man mag schimpfen und lästern, wie man will – Windows bleibt der Standard, auch wenn Flops wie „Vista“ dazwischenkommen. Und das ist eines der seltsamen Phänomene dieser Welt: Windows ist nachweisbar das schlimmste Betriebssystem der Welt. Aber es herrscht. Für die Kapriolen schlagenden Aktienkurse also gibt es keinen vernünftigen Grund. Google wird es nicht schaffen.

Übrigens: Diese Kolumne entsteht, wie immer, auf einem Apple Macintosh.