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Micky lässt das Mausen nicht

Walt Disney will nicht mehr teilen. Der US-Unterhaltungsgigant hat, so meint er wohl, lange genug anderen beim Geldverdienen zugesehen – Netflix etwa, wo die Produkte des Film- und Serienproduzenten in den USA exklusiv zu sehen sind. Aber nicht mehr lange: Die Mäuse sollen demnächst beim Konzern selbst landen.

BÖRSE am Sonntag

Walt Disney will nicht mehr teilen. Der US-Unterhaltungsgigant hat, so meint er wohl, lange genug anderen beim Geldverdienen zugesehen – Netflix etwa, wo die Produkte des Film- und Serienproduzenten in den USA exklusiv zu sehen sind. Aber nicht mehr lange: Die Mäuse sollen demnächst beim Konzern selbst landen.

Netflix zahlt dem Vernehmen nach rund 300 Millionen Dollar jährlich an Disney – der Comickonzern aus Burbanks glaubt, es lukrativer zu können. Mit seinem Sportangebot kommt Disney ab 2018 auf einem eigenen Kanal direkt zum Zuschauer – und seinen Streamingdienst kündigt der Micky-Maus-Erfinder für 2019 in Amerika an. Die Ankündigung diese Woche drückte prompt den Kurs der Netflix-Aktie um anfangs fast vier Prozent. Aber auch Disney büßte jüngst an der Börse ein: Umgerechnet 87 Euro war die Aktie wert, vor nicht allzu langer Zeit kratzte sie an der 100-Euro-Marke. Wobei sich das Papier seit 2015 auf hohem und zuvor nie gekannten Niveau bewegt, der jüngste Dämpfer hatte wohl zuvörderst mit den Quartalszahlen des Konzerns zu tun, die einen um neun Prozent gesunkenen Gewinn dokumentierten.

Vor allem die TV-Sparte mit der Senderfamilie ABC trug weniger bei, insgesamt fast ein Viertel Gewinnrückgang hier. Da passt die Ankündigung nun ins Bild. Mit den Marvel-Comicverfilmungen oder etwa dem Trick- und Animationsspezialisten Pixar unter dem Konzerndach hatte Disney auf dem Videosektor bereits ordentlich aufgerüstet. Vielleicht war es klug, zunächst die Durchschlagskraft der Streamingportale abzuwarten – nun aber angesichts weiter Verfügbarkeit dieser Übertragungsmethode via Internet und deren Vormarsch in der Publikumsgunst wollte man wohl nicht länger nur zusehen. „Toy Story“, „Avengers“ oder auch Star Wars gelten als Garanten für die künftige Nachfrage, womöglich werden unterhalb des Disney-Streaming noch eigene Spartenkanäle gegründet. Ohne das eigene Kinoprogramm zu gefährden, denn der Abstand zwischen Kinostart und Streaming muss wohl erhalten bleiben.

Gleichzeitig aber drückt die Konkurrenz der etablierten US-Sender wie CBS, die natürlich ebenfalls auf Streaming setzen, ihren Zuschauern ins Netz folgend. Die Zahl derer, die pünktlich für ein Programm den stationären Fernseher einschalten, sinkt stetig – in Deutschland übrigens analog zu den USA. TV-Abonnements scheinen daher fast von gestern, was Disney selbst bereits an den Zahlen seines Sportsenders ablesen kann. Vor diesem Hintergrund waren die Aktionäre nun auch nicht begeistert, dass für die Umwälzung volle zwei Jahre in Anspruch genommen werden sollen. Schnelligkeit ist mittlerweile ein Faktor, und wenn Disney dann 2019 mitmischt, könnten alle anderen schon da sein. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen mal wieder „Mary Poppins“ ansehen – da war unter Disney-Regie schon sehr vieles möglich, wenn nicht gar normal – von der Fantasiewelt bis zum ganz harten Bankencrash. Sonst besteht die Gefahr, dass man in Burbanks zum Opfer solcher Leute wie der „Piraten der Karibik“ wird – keine schöne Aussicht für Mickymaus.