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T-Mobile US – Warum das Ganze, wenn man auch einen Teil haben kann?

Die Deutsche Telekom begeistert Aktionäre etwa einmal jährlich – wenn es an die Ausschüttung der traditionell hohen Dividende geht. Ansonsten ist das Papier des vor Zeiten mal staatlichen Unternehmens in etwa so viel wert wie beim Börsengang 1996, nicht inflationsbereinigt. Hoffnung macht das US-Geschäft.

Die Deutsche Telekom begeistert Aktionäre etwa einmal jährlich – wenn es an die Ausschüttung der traditionell hohen Dividende geht. Ansonsten ist das Papier des vor Zeiten mal staatlichen Unternehmens in etwa so viel wert wie beim Börsengang 1996, nicht inflationsbereinigt. Hoffnung macht das US-Geschäft.

Von Reinhard Schlieker

Wer alle Dividenden wieder in die T-Aktie steckte, ist inzwischen vielleicht abgeklärt, gar weise, aber nicht unbedingt wohlhabend geworden, jedenfalls nicht allein mit der Telekom-Aktie. Zeitweise glich das Fortkommen des Unternehmens den Handlungssträngen einer Telenovela. Das gilt auch für den amerikanischen Zweig der Telekom-Familie. In Deutschland stehen die Leistungen der Ära Timotheus Höttges, die gerade durch einen neuen Vertrag deutlich in die Zukunft verlängert wurde, noch nicht in der Ruhmeshalle der Digitalisierung.

Wenn Höttges vom digitalen, computerisierten und fortschrittlichsten Telekommunikationsdienstleister aller Zeiten träumt, dann muss er im Heimatland immer wieder feststellen, wo die Hemmschuhe untergeschnallt sind. Es ist alles teuer, vieles langwierig und so einiges bürokratisch-verworren. Zu den Verdiensten des Chefs gehört aber ein echter Siegeszug – in den USA. Dort hat T-Mobile US, das Unternehmen, das nach vielen Irrungen und Wirrungen und Cliffhangern in der Geschichte der Firmenübernahmen und -fusionen nun zu knapp 47 Prozent der Deutschen Telekom gehört, einen satten Aufstieg hinter sich, und, wie man annimmt, auch noch vor sich.

Das gilt, zugegeben, in den letzten Monaten nicht für die Aktie. Seit einem Höchststand im Juli bei gut 148 Dollar an der NASDAQ bewegte sich T-Mobile US gemächlich, aber kontinuierlich nach unten – dazu gleich. Bei einem Stand von derzeit rund 120 Dollar halten allerdings zahlreiche US-Analysehäuser ihre Kaufempfehlung aufrecht und rufen Kursziele zwischen 170 und 175 US-Dollar aus. Womit T-Mobile US vor allem wuchern kann, ist das Pfund des ehemaligen (bis März 2020) amtierenden CEO John Legere, ein enfant terrible der Techszene in den USA und sicherlich Haupttreiber des Kurserfolgs der vergangenen acht Jahre. Sein Nachfolger, der vorherige COO Mike Sievert, setzte die pfiffigen Marketingkampagnen und technologischen Sprünge seines Vorgängers erfolgreich fort – mit einer Art Guerilla-Marketing gelang es, im Laufe der Jahre den etablierten Konkurrenten AT&T und Verizon Kunden abzujagen – bis der als Rebell geltende Konzern nach der endgültigen Übernahme des Konkurrenten Sprint in den USA die 100-Millionen-Kunden-Schwelle überschreiten konnte. Inzwischen ist T-Mobile US die Nummer zwei auf dem amerikanischen Mobilfunkmarkt und hat AT&T hinter sich gelassen.

Die Delle in Kurs und Ansehen allerdings ist einem herben Rückschlag in Sachen Datensicherheit geschuldet. Ausgerechnet das Unternehmen, das auf seinen „Vorsprung durch Technik“ setzt - ohne den Slogan natürlich einem bekannten deutschen Autohersteller streitig zu machen – musste mehrere peinliche Datendiebstähle zugeben. Beim letzten großen Fischzug unbekannter Hacker gerieten im August wichtige persönliche Daten, darunter die in den USA allgegenwärtige und essenzielle Sozialversicherungsnummer, in unerfreuliche Hände. T-Mobile US versucht, den Schaden durch die Vergabe kostenloser Schutz-Software an alle Kunden wieder gutzumachen, aber die Unsicherheit wird sich wohl erst im Laufe der Zeit beheben lassen, und mit mehr wohl als nur Marketing. Auch wenn mutmaßlich die Datenlecks bei Kooperationspartnern im Kreditvermittlungswesen zu verorten waren, und nicht bei T-Mobile US selbst. Es dürften ein paar hübsche Diskussionen laufen im Hintergrund.

Trotz alledem – die amerikanische Tochter des Bonner Konzerns steuert erheblich zum Umsatz und Vorsteuergewinn bei, und auch die Tatsache, dass ein amerikanischer Mobilfunkkunde bereit ist, mehr als doppelt so viel im Monat auf den Tisch des Hauses zu legen wie ein deutscher, oder überhaupt europäischer Vertragskunde, wird die Einkünfte von T-Mobile US verglichen mit dem Mutterhaus weiter in die Höhe streben lassen. Der Teil scheint hier mehr wert als das Ganze – die Marktkapitalisierung bestätigt das schon einmal. Mit den Einnahmen lässt sich recht gut in Netzinnovation investieren, was wiederum der Kundengewinnung dient – und der Aktionärsgewinnung wohl auch, in den USA eben. Womöglich wäre der Deutschen Telekom mit weniger spendabler Dividendenpolitik, dafür aber dramatischeren Investitionen in Netz und Digitalisierung auch mehr zuzutrauen – natürlich nur, wenn die Hemmnisse in der Heimat wirklich und wahrhaftig vor allem mit mehr Geld zu beheben wären. Da gibt es ja so einige Zweifel.

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