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Tokio kaufen, Schanghai bekommen – und mehr: So arbeitet SoftBank

Wie „soft“ man in Japan daherkommt, wenn man ein multinational ausgerichtetes Holding-Konglomerat ist, das im vergangenen Jahr 38 Milliarden Dollar verdiente, muss wohl das Geheimnis jenes ohnehin an Geheimnissen reichen Landes bleiben, das den meisten so fern ist – und doch so nah, wenn man es gern hat, schnauzbärtige Klempner namens Mario zum Tanzen zu bringen (für die Älteren) oder mit raffinierten Gamepads herumzufuchteln (meist jüngere Leute).

Wie „soft“ man in Japan daherkommt, wenn man ein multinational ausgerichtetes Holding-Konglomerat ist, das im vergangenen Jahr 38 Milliarden Dollar verdiente, muss wohl das Geheimnis jenes ohnehin an Geheimnissen reichen Landes bleiben, das den meisten so fern ist – und doch so nah, wenn man es gern hat, schnauzbärtige Klempner namens Mario zum Tanzen zu bringen (für die Älteren) oder mit raffinierten Gamepads herumzufuchteln (meist jüngere Leute).

Von Reinhard Schlieker

Softbank Group Corporation jedenfalls ist mit dem englischen Kurzausdruck: „has got a finger in every pie“ keineswegs hinreichend, ja nicht einmal ansatzweise erschöpfend beschrieben. Softbank kennen viele noch aus dem Hype der Jahrtausendwende an der Börse. Da wurde die Investitionsgesellschaft hochgejazzt als so etwas wie das Berkshire Hathaway des Investors Warren Buffett, nur viel japanischer, asiatischer, mit reichlich Curry. Das viele Geld, das Investoren in Richtung Tokio schaufelten, machte selbst reservierte Japaner ganz wuschig und führte zu – na ja, Fehlallokation, um es mal vornehm auszudrücken. Softbank verzockte sich, geriet dann nochmals in die Schlagzeilen, als es beim unbekannten chinesischen Internetunternehmen und Emporkömmling Alibaba einstieg – allein durch dessen Wachstum ist Softbank nun immer auch so ein bisschen Schanghai. Sehr japanisch klingt das Führungswesen der Firma. Gegründet wurde sie im September 1981 von Masayoshi Son als Computer- und Softwarehändler. Nach vierzig Jahren heißt der Boss: Masayoshi Son. Dazwischen liegen Wandlungen und Irrungen; Softbank wurde Internetpionier, brachte Yahoo nach Japan, investierte in Kabel-TV und Telekommunikation, und eigentlich alles, was fortschrittlich schien. Wer beim heißen Ritt über die Börsenjahrzehnte dabei war, ist heute Anteilseigner des – zugegebenermaßen keineswegs sehr sicheren – gewinnträchtigsten Unternehmens Japans.

Für heftige Kursschwankungen sorgen die Schicksale der Pioniere, an denen sich Softbank beteiligt, der Riecher des Herrn Son scheint dem Bonmot des Börsengurus André Kostolany zu folgen: „Wenn ich an der Börse Gewinn machen will, genügt es, in 51 Prozent der Fälle richtig zu liegen“. Wobei Softbank häufiger mal richtig liegt, was der Anleger allerdings mit einem robusten Nervensystem zu gewärtigen hat. Chef Son jedenfalls hat so etwas. Er behauptet, weder sehr leicht erregbar noch depressiv zu sein, in seiner Ruhe liege die Kraft, und man will ihm das einfach mal glauben. Schließlich war eine seiner Übernahmen, das Entertainment-Unternehmen „Drama Fever“, ein böser Fehlgriff, der Name passt einfach nicht. Dafür gehören ihm 24 Prozent von T-Mobile USA, das gleicht es in Ruhe aus; wer die Telekom kennt, weiß was gemeint ist. Seine beiden Investmentfonds Vision 1 und Vision 2 sind oftmals eben das: Visionen. 2020 haben sie tüchtig Geld gebracht, teils aus Saudi-Arabien von allen Regionen - der Rest des Wohlstands von Softbank sind Buchgewinne seiner Beteiligungen. Ähnlich wie beim greisen Buffett sind die Privatanleger beim 64jährigen Jüngling Masayoshi Son so etwas ähnliches wie Fans: Wer seinem Händchen nicht traut, ist bei Softbank nicht richtig.

Am Kurs der Aktie lassen sich in etwa die großen Bewegungen der Technologie-Indizes dieser Welt erkennen. Softbank hat aber demgegenüber den Vorteil, anders als bei der Investition in einen Technologie-ETF, ein gewisses individuelles Überraschungspotential zu besitzen. Allein in den letzten zwei Wochen durfte das staunende Publikum Schwankungen von zwanzig Prozent beobachten – da erscheinen die gegenwärtigen bei etwa 65 Euro liegenden Kurse wie ein Schnäppchen, wenn man die knapp 80 von vor zwei Wochen betrachtet. Die mit dem langen Anlagehorizont haben inzwischen sicher die meditative Ruhe, wie sie Herr Son ausstrahlt, für sich entdeckt. Kunststück, vor 15 Jahren schwankte das Papier zwischen sechs und acht Euro. Die jüngste Geschäftspolitik scheint weg von erneuerbaren Energiefirmen hin zu Künstlicher Intelligenz zu tendieren. Bis die in der Lage sein wird, den Genius von Masayoshi Son zu ersetzen, so viel ist derzeit  nachvollziehbar, schwappt noch viel Wasser an die Küsten von Hokkaido.