Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Analysen >

Verwirrte Werte

Es treten derzeit einige Haltungen in den Kreisen verantwortlicher Politiker ebenso wie in der Bevölkerung zutage, die auf ein massives Erkenntnisproblem schließen lassen, besonders in Bezug auf die herrschende Finanzkrise (Wort, aber auch Phänomen des Jahres).

BÖRSE am Sonntag

Nach den Erhebungen, die sich im aktuellen Politbarometer des ZDF niederschlagen, hält eine erdrückende Mehrheit der deutschen Bevölkerung es für weise, die Ziele des sogenannten Klimaschutzes nicht zu verwässern, wenn es um Konjunkturmaßnahmen geht. Will sagen: Die Mehrheit ist – zumindest mal auf dem Papier – bereit, eigenen Wohlstand zu opfern, um die Klimapolitik ungeschmälert fortführen zu können. Oder vielleicht doch lieber den Wohlstand der anderen, wenn es ernst wird? In großer Klarheit offenbart die Aussage, in welchem Maße doch noch ein längst überwunden geglaubter Machbarkeitswahn die Menschen beseelt. Zudem zeigt sich leider der Hang zu einem gewissen Zynismus und zu Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal des Mitmenschen.

Warum? Zunächst der Wahn: Noch immer hat sich nicht herumgesprochen, dass die Menschheit nun wirklich nicht „das Klima schützen“ kann. Natürlich schon deshalb nicht, weil Klima eine hochkomplexe, unzähligen Einflüssen unterliegende Sache ist, die mit gewaltigen Phänomenen konfrontiert ist und sich entsprechend wandelt. Mit dem mikroskopischen Anteil des CO2 in der Atmosphäre, der auf menschlichen Einfluss zurückzugehen scheint, kann man da nicht hantieren und Ergebnisse erwarten. Es gibt Dinge, die geschehen einfach, eine Erkenntnis, mit der gerade Politiker nur schwer leben können. Außerdem bleibt in dem ganzen Klimakampf undefiniert, was man eigentlich will: Welches Klima zum Beispiel will man denn „schützen“? Das von 1960, von 1830? Von heute, von morgen, von 2200? Warum ist das Klima von heute vielleicht schützenswert, das von morgen aber nicht? Woher weiß man, welches Klima unsere Nachkommen gern hätten? Schon die misslungene Aufgabenstellung reicht aus, um den ganzen Nonsens ad acta zu legen. Stattdessen werden Billionen investiert, um – vielleicht – ein irgendwie geartetes zukünftiges Klima zu erzeugen. Jeder drittklassige Vulkanausbruch, und es schmerzt, das illusionsschädigend sagen zu müssen, macht all das möglicherweise Erstrebte in Sekunden zunichte. Sorry.

Wäre alles nur teuer, aber nicht schlimm, wenn man Ressourcen im Übermaß hätte. Nun ist aber sicher für einen Wohlstandsbürger in Deutschland eine wirtschaftliche Stagnation mal verkraftbar. Wie man aber auf eine Belebung einer schlimm ange- schlagenen Konjunktur verzichten kann, ohne daran zu denken, dass damit nicht etwa nachfolgende Generationen, sondern unsere direkten Mitbürger geschädigt werden, das ist schon schwer zu verstehen. Die Arbeitslosen, Ärmeren, Benachteiligten hierzulande leiden unmittelbar und direkt unter einer nachlassenden Wirtschaftsleistung. Von den vielen Armen in der Dritten Welt hier mal nicht zu schweigen: Für die geht es nicht um den Zweitwagen, sondern um Leben oder Tod. Das Klimahobby der Reichen im Westen bringt Tod und Verderben, so einfach ist das. Denn mit dem Geld allein aus dem Kyoto-Protokoll ließe sich jedem Bewohner überschwemmungsgefährdeter Gebiete ein Einfamilienhaus bauen, an einem gut gelegenen Ort noch dazu (nun ja, die Niederlande müssten vielleicht selbst zahlen). Oder eine Menge Seuchen ausradieren oder Trinkwasser für alle bereitstellen. Was wird das vielleicht für eine Überraschung, wenn man den CO2-Gehalt wunschgemäß senkt und die Natur sorgt am Ende trotzdem für einen ansteigenden Meeresspiegel? Oder sie tut es eben nicht, ungeachtet toller Erfolge der weltweiten Klimakoalition? Unsere Enkel werden sich totlachen (es werden ja nicht so viele, weil Millionen Leute in der Dritten Welt sterben, ehe sie Nachkommen haben, die sich dann totlachen könnten). Eine schwere Krisenzeit ist immer wenigstens eine Gelegenheit, etwas Neues zu probieren und mal über selbstverständlich geglaubte Konzepte kritisch nachzudenken. Das geschieht in Deutschland leider nicht.